Mikro-Chip statt Pipette: Nanion Technologies GmbH gewinnt den STEP Award 2009
Bis ein neues Medikament auf den Markt kommt, müssen die enthaltenen Wirkstoffe zuvor viele zeitintensive Tests durchlaufen. Eine neue Technologie zur schnelleren und kostengünstigeren Analyse von Arzneimittelwirkungen und somit zur effizienteren und sicheren Entwicklung von Medikamenten wurde beim diesjährigen STEP Award Unternehmenswettbewerb mit einem Geldpreis sowie einem Zusatzpaket an Sach- und Dienstleistungen im Gesamtwert von rund 100.000 Euro honoriert: Bei einer Gala-Veranstaltung in Frankfurt wurde die Nanion Technologies GmbH aus München mit diesem Unternehmenspreis ausgezeichnet. Die beiden Geschäftsführer Dr. Andrea Brüggemann und Dr. Niels Fertig nahmen den Preis entgegen. Die Initiatoren des STEP Award, Dr. Roland Mohr, Geschäftsführer von Infraserv Höchst, und Volker Sach, Geschäftsführer des F.A.Z.-Instituts, überreichten den Pokal an die Gewinner. Die Nanion Technologies GmbH wurde 2002 als Spin-off des Center for NanoScience (CeNS) der Ludwig-Maximilians-Universität München gegründet. Das Nanion-Team hat zwei Analyse-Instrumente (Port-a-Patch und Patchliner) für die Elektrophysiologie entwickelt und erfolgreich im globalen Markt eingeführt. In Nanions Messinstrumenten kommen mikrostrukturierte Chips zum Einsatz, welche die normalerweise beim Patch Clamp-Verfahren (Nobelpreis 1991) verwendete Glaspipette ersetzen. Mit dem Patch-Clamp-Verfahren können die Funktionen und Eigenschaften der Ionenkanäle in Zellmembranen untersucht werden, während Strom durch sie hindurch geleitet wird. Dabei verändern sich die Moleküle kurzfristig und beeinflussen den Stromkreis. Auf diese Weise können viele Zelltypen erforscht werden, denn zahlreiche erbliche Erkrankungen lassen sich auf eine fehlerhafte Kanalfunktion (Ionenkanal-Mutation) zurückführen. Die Innovation: Mikro-Chip statt Pipette Im klassischen Patch-Clamp-Verfahren wurden für die direkte Analyse der Ionenkanalfunktion Mikropipetten aus Glas eingesetzt, um eine leitende Verbindung zum Zellinnern zu schaffen. Nanion hat nun das Patch-Clamp- Prinzip auf einen mikrostrukturierten, planaren Glaschip übertragen, der eine extrem kleine Öffnung von nur einem Mikrometer zur Positionierung und elektrischen Kontaktierung der Zellen enthält. Die experimentelle Anordnung wurde umgedreht: statt die Pipette an die Zelle heran zu bewegen, wird nunmehr die Zelle aus einer Suspension durch Unterdruck auf dem Loch im Chip positioniert. Mit dieser neuen Technologie werden Patch-Clamp-Untersuchungen automatisiert und parallelisiert und so die Grundbedingungen für ihren standardisierten und industriellen Einsatz geschaffen. Das neue Chipformat erlaubt eine schnellere, und kostengünstigere Analyse sowohl erwünschter als auch unerwünschter Arzneimittelwirkungen an Ionenkanälen, wodurch die Entwicklung von neuen Medikamenten effektiver und sicherer wird. Mit modernen Mikrostrukturierungsmethoden stellt Nanion planare Chipsubstrate aus Glas her, die Perforationen von nur einem Mikrometer enthalten. Diese Biochips ersetzen die Glasmikropipetten, die üblicherweise für patch-clamp Ableitungen zum Einsatz kommen, wobei die experimentelle Anordnung invertiert wird. Nanion darf sich über einen Geldpreis in Höhe von 50.000 Euro sowie ein umfangreiches Servicepaket im gleichen Wert, bestehend aus Beratungs- und Serviceleistungen, freuen. Diese Dienstleistungen werden von den Förderern und Partnern des STEP Award eingebracht, die den Preisträger in der kommenden Wachstumsphase unterstützen: Dazu zählen Patentrecherche, Beratungsleistungen zu Unternehmensstrategie und Business Development, Technologiepartnersuche, Finanzen, Logistik, klinische Studien, Teilnahme an Rechts- und Kommunikationsseminaren sowie Nutzung technischer Werkstätten. Da oftmals gerade die schnelle Verfügbarkeit von Fläche und Infrastruktur ein wichtiger Erfolgsfaktor für wachsende Unternehmen ist, hat der Preisträger außerdem die Möglichkeit, für einen Zeitraum von zwei Jahren Labor- und Büroflächen mietzahlungsfrei im Industriepark Höchst zu nutzen. Auf die Ausschreibung des STEP Award hatten sich in diesem Jahr rund 100 deutsche, Schweizer und österreichische Unternehmen aus den Zukunftsbranchen Chemie, Pharma, Life Science, Bio- und Nanotechnologie, Medizintechnik und Greentech gemeldet. Die Teilnehmer waren aufgefordert, Geschäftsinhalt und Expansionsmission sowie die Wettbewerbsposition darzustellen. Bestandteil der Bewerbungsunterlagen war auch eine Beschreibung der Patentsituation und des Realisierungsplanes. Auf dieser Grundlage wählte die Jury, bestehend aus Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft, nach Bewertungskriterien der Balanced Scorecard (Management, Markt/Kunde, Prozesse, Produkt/Technologie und Finanzen) die zehn Finalisten aus, die Ende Oktober die Möglichkeit erhielten, ihr Unternehmen vor der Jury noch einmal persönlich vorzustellen. Im Anschluss daran wurden der Gesamtsieger und die Preisträger in den Kategorien bestimmt. Vier Kategorienpreise Die Preise für die besten Wachstumsunternehmen in den Kategorien „Markt/Kunde“, „Prozesse“, „Produkt/Technologie“ und „Finanzen“ gehen an: Markt/Kunde: Activaero GmbH Activaero ist ein Technologieführer bei der Entwicklung von Drug- Delivery-Technologien zur optimierten Effizienz und Präzision in der Inhalationstherapie zur kontrollierten Atmung. Die innovativen Technologien der Gautinger Unternehmens ermöglichen eine sicherere, kosteneffizientere und wirksamere Behandlung von Lungenkrankheiten. Activaero kann als Kompetenzzentrum für Aerosolmedizin auf viele erfolgreiche Kollaborationen bei der Lungenwirkstoffentwicklung in präklinischen und klinischen Projekten zurückblicken. Prozesse: ChemCon GmbH Die ChemCon GmbH aus Freiburg hat sich auf die Entwicklung und Herstellung kleiner Mengen hochaktiver Pharmawirkstoffe für seltene Krankheiten spezialisiert. Das innovative Konzept hierbei ist die Anpassung der Infrastruktur und der Produktionsmittel an den jeweiligen Herstellungsprozess. Dadurch können solche Wirkstoffe schnell, in höchster Reinheit, mit großer Sicherheit für die Mitarbeiter und sehr umweltfreundlich produziert werden. Da gerade bei seltenen Krankheiten Tage über Leben und Tod entscheiden können, trägt dieses Konzept aktiv zur Rettung von Menschenleben bei. Produkt/Technologie: TRION Pharma GmbH Die TRION Pharma GmbH aus München ist ein biopharmazeutisches Unternehmen, das bispezifische, trifunktionale Antikörper, genannt Triomab®, entwickelt. Diese Antikörper aktivieren gleichzeitig mehrere Abwehrmechanismen des patienteneigenen Immunsystems gezielt gegen Krebs. Das Ergebnis: Tumorzellen werden mit bislang unerreichter Präzision und Effizienz zerstört, und das Immungedächtnis wird aktiviert. Removab® (Catumaxomab) wurde 2009 als erster Vertreter der Triomab®-Familie in Europa zugelassen. Es ist nicht nur das erste zugelassene Medikament zur Behandlung von malignem Aszites (Bauchwassersucht), sondern auch der erste therapeutische Antikörper „made in Germany“. Finanzen: Cabot Nanogel GmbH Die Cabot Nanogel GmbH ist ein 2002 gegründetes Tochterunternehmen der Cabot Corporation. In diesem neuen Geschäftsbereich produziert und vermarktet Cabot „Aerogel“ - unter dem Markennamen Nanogel. Dieses Material ist ein Feststoffisolator, mit Dämmwerten, die etwa doppelt so gut sind wie die der besten herkömmlichen Isoliermaterialien. Niedriges Gewicht, Lichtdurchlässigkeit, eine wasserabweisende Oberfläche, eine feine Porenstruktur und chemische Stabilität geben diesem einzigartigen Material das Potential für unzählige Anwendungen.
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