Forscher schießen 3D-Röntgenbild von Riesenvirus

Studie demonstriert das Potenzial künftiger Röntgenlaser-Untersuchungen

06.03.2015 - Deutschland

Mit dem weltstärksten Röntgenlaser am US-Beschleunigerzentrum SLAC hat ein Forscherteam unter Beteiligung von DESY eine dreidimensionale Aufnahme eines intakten Viruspartikels gewonnen. Die Beobachtung zeigt sogar Teile der inneren Struktur des sogenannten Mimivirus, wie die Wissenschaftler um Dr. Tomas Ekeberg von der Universität Uppsala (Schweden) im Fachblatt „Physical Review Letters“ berichten.

Uppsala University

3-D-Rekonstruktion eines Mimivirus, analysiert aus den mit der LCLS gemessenen Elektronendichteverteilung eines intakten Mimivirus. Blaue Bereiche stehen für besonders hohe Elektronendichten.

Die Untersuchung am Röntgenlaser LCLS bei SLAC zeigt, wie sich die dreidimensionale Struktur biologischer Proben aus einer Serie von Röntgenlaser-Schnappschüssen zusammensetzen lässt – eine Technik mit großem Potenzial für den europäischen Röntgenlaser European XFEL, der gegenwärtig vom DESY-Gelände in Hamburg bis in die benachbarte Stadt Schenefeld in Schleswig-Holstein gebaut wird.

„Seit ich in der Röntgenlaserforschung arbeite, war es immer der Traum, 3D-Bilder von echten biologischen Proben aufzunehmen“, betont Hauptautor Dr. Tomas Ekeberg. „Dies ist fantastisch – es ist ein Durchbruch in unserer Forschung.“

Das Mimivirus gehört zu einer ungewöhnlichen Gruppe von Riesenviren, die erst vor rund einem Jahrzehnt entdeckt worden ist. Mit einem Durchmesser von 750 Nanometern inclusive seines haarigen Mantels ist es größer als manche Bakterien, weshalb es bis 2003 fälschlicherweise als Bakterium klassifiziert worden war. Es ist auch genetisch komplex. Das Mimivirus besitzt rund 1000 Gene, während beispielsweise der Aidserreger HIV mit einer Handvoll auskommt.

Wissenschaftler versuchen seit einiger Zeit, die innere Struktur dieser Riesenviren zu analysieren, um mehr über die Entstehung dieser ungewöhnlichen Erreger zu erfahren. Beispielsweise ob die Viren im Laufe der Zeit immer mehr Gene ihrer Wirtsorganismen eingesammelt haben und dadurch ihr großes Erbgut aufgebaut haben. Das könnte auch Aufschluss darüber geben, ob die Riesenviren bereits vor dem zellbasierten Leben entstanden sind oder sich aus Zell-Organismen entwickelt haben.

Für das Experiment an der LCLS sprühten die Forscher aktive Mimiviren in einem Aerosol durch den Röntgenstrahl und nahmen so zahlreiche Schnappschüsse der Viren auf, die zufällig im Raum orientiert waren. Jedes Mal, wenn ein Röntgenblitz ein Viruspartikel trifft, entsteht ein charakteristisches Streubild, das von einem Detektor aufgezeichnet wird. Aus diesen Streubildern lässt sich die Ansicht des jeweiligen Viruspartikels rekonstruieren. Mit aufwendigen Computerprogrammen kombinierten die Forscher diese Einzelporträts verschiedener Seiten des Virus zu einer dreidimensionalen Abbildung eines durchschnittlichen Mimivirus.

„Unsere Untersuchung liefert nur einen flüchtigen Blick auf das Potenzial künftiger Untersuchungen dreidimensionaler biologischer Strukturen mit Röntgenlasern wie der LCLS oder dem European XFEL“, betont DESY-Forscher und Ko-Autor Prof. Henry Chapman vom Hamburger Center for Free-Electron Laser Science CFEL.

Die Abbildungen geben bereits erste grobe Hinweise auf die innere Virusstruktur. „Wir können ziemlich klar erkennen, dass das Innere dieses Virus nicht gleichmäßig ist“, erläutert Ekeberg. Der Virusinhalt scheint sich auf einer Seite stärker zu konzentrieren, was auch frühere Untersuchungen mit dem Elektronenmikroskop bereits gezeigt hatten.

Für die Untersuchung mit einem Röntgenlaser müssen die Viren jedoch nicht eingefroren werden, so dass sie in einem intakten, natürlichen Zustand analysiert werden können. Die Forscher gehen davon aus, dass künftige Röntgenlaseraufnahmen schärfere Bilder mit deutlicher mehr Details ermöglichen werden.

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