Biomarker des Alterns: Neue Richtlinien beschleunigen klinische Anwendung
Lebenserwartung und Gesundheit der Bevölkerung verbessern
Eine neue Studie schlägt Richtlinien zur Standardisierung von Biomarkern des Alterns vor, um eine schnellere klinische Anwendung zu ermöglichen. Co-Autorin Chiara Herzog vom European Translational Oncology Prevention and Screening Institute an der Universität Innsbruck erklärt, wie dadurch die Lebenserwartung und Gesundheit der Bevölkerung verbessert werden könnte.
Biomarker sind messbare Merkmale, die zur Bewertung normaler biologischer Prozesse, Krankheiten oder der Reaktion auf eine Behandlung durch Patient:innen verwendet werden können. Die Verwendung von Biomarkern zur Beurteilung von biologischer Alterung, d.h. der Zunahme molekularer und zellulärer Schäden im Laufe der Zeit, kann zur Vorhersage der Lebenserwartung und Lebensqualität beitragen und wird deswegen zunehmend erforscht. Allerdings gibt es derzeit keine Richtlinien für die Standardisierung der Entwicklung und Validierung von Biomarkern für die Alterung – ein notwendiger Prozess, um genaue und zuverlässige Ergebnisse in der Klinik zu gewährleisten.
In einer neuen Studie, die von Forscher:innen der Universität Innsbruck und der Harvard Medical School gemeinsam geleitet wurde, wurden Richtlinien für die künftige Validierung von Biomarkern für das Altern vorgeschlagen. Diese sollen dazu beitragen, Biomarker in klinisch einsetzbare Instrumente zu verwandeln. Die Studie wurde jetzt im Journal Nature Medicine veröffentlicht.
Co-Erstautorin Chiara Herzog vom European Translational Oncology Prevention and Screening Institute an der Universität Innsbruck erklärt: „Wir brauchen zuverlässige und validierte Biomarker für das Altern, um klinische Studien und damit auch die Lebenserwartung und Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Wir hoffen, dass unsere entwickelten Richtlinien wesentlich dazu beitragen werden.“
Bessere Vorhersagen durch „Multi-Omics“
Zu diesem Zweck untersuchte das Team bisherige populationsbasierte Studien, in denen Biomarker des Alterns basierend auf Messungen „Omics“ in Blutproben erfasst wurden. Diese „Omics“ umfassen beispielsweise das Genom und das Proteom, also die Gesamtheit der DNA-Information bzw. der Proteine in einer Zelle. Anhand dieser Studien ermittelten die Forscher:innen, welche Herausforderungen entstehen, wenn die Vorhersagekraft von Biomarkern verglichen werden soll, z.B. Unterschiede im Studiendesign und in Datenerfassungsmethoden oder Unterschiede bei bevölkerungsspezifischen Merkmalen.
In der Studie geben die Autor:innen Empfehlungen zur Lösung dieser Probleme. Sie schlagen vor, dass „Multi-omics“-Ansätze, d.h. solche, die detaillierte molekulare Messungen an mehreren Molekülen innerhalb ein und derselben Person umfassen – wie z.B. Blutmetaboliten, Proteine oder Veränderungen unserer DNA, auch als „Epigenetik“ bezeichnet –, einen besseren Einblick in die Vorhersagekraft von Biomarkern bieten könnten
Open-Source und Standarisierung für die Gesundheitsforschung
Aktuell werden Biomarker des Alterns oft im Zusammenhang mit Mortalität untersucht. Wichtiger ist allerdings, diese Biomarker auch im Zusammenhang mit funktionellen Gesundheitsparametern zu untersuchen. Die Forscher:innen sprechen sich dafür aus, Biomarker auch mit anderen Gesundheitsfaktoren wie Funktionseinbußen, Gebrechlichkeit, chronischen Krankheiten und Behinderungen in Verbindung zu bringen und zu erforschen. Darüber hinaus empfehlen sie, „Omic“-Daten zu standardisieren, um die Validierungsbemühungen zu verbessern.
„Indem wir unsere Bemühungen in der Alternsforschung bündeln, können wir den Wert der einzelnen Datensätze erhöhen. Die Harmonisierung von Daten, ihre offene Verfügbarkeit und die Bereitstellung von Open-Source-Tools wie Bio-learn, die nicht nur Biolog:innen, sondern auch Datenwissenschaftler:innen einbeziehen, werden für die Validierung von Biomarkern des Alterns von entscheidender Bedeutung sein“, sagt Chiara Herzog.
Die Richtlinien fördern auch die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Forschungsgruppen bei groß angelegten Längsschnittstudien, mit denen langfristige physiologische Veränderungen und Reaktionen auf gesundheitsfördernde Interventionen oder Therapeutika in verschiedenen Bevölkerungsgruppen verfolgt werden können. Einige dieser Studien werden derzeit an der Universität Innsbruck durchgeführt, erste Ergebnisse sind in Kürze zu erwarten. „Die von EUTOPS und der Universität Innsbruck durchgeführte TirolGESUND-Studie begleitete Personen über sechs Monate während gesundheitsfördernder Aktivitäten. Dabei werden klinische und molekulare Merkmale gemessen, was zum bisher weltweit detailliertesten Atlas von Biomarkern und Lebensstiländerungen führen wird“, blickt Chiara Herzog bereits in die Zukunft.
Weitere Forschung ist erforderlich, um zu verstehen, wie die Umsetzung der Biomarker-Bewertung in klinischen Studien die Lebensqualität und das Überleben der Patienten verbessern könnte.
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