Neue Bilder aus der Nanowelt: Direkte Beobachtung der Bindung von Kohlenmonoxid

12.01.2011 - Deutschland

Kohlenmonoxid ist hochgiftig, weil es die Bindungsstelle des Hämoglobins für Sauerstoff blockiert. Nach dem gleichen Prinzip, einem Porphyrinring mit eingeschlossenem Eisen- oder Kobalt-Atom an das die giftigen Gasmoleküle andocken können, lassen sich auch Sensoren bauen, die vor Kohlenmonoxid warnen. Physiker um Professor Johannes Barth von der Technischen Universität München (TUM) haben in Zusammenarbeit mit Theoretikern in Lyon und Barcelona Bindungsmechanismen für Gasmoleküle an Eisen- oder Kobalt-Porphyrinen aufgeklärt. In der aktuellen Ausgabe von Nature Chemistry berichten sie über die von ihnen gefundenen, unerwarteten Phänomene und zeigen erste Aufnahmen.

LS Barth

Der linke Teil zeigt vier Porphyrinmoleküle aufgenommen mit einem Rastertunnelmikroskop. Die Modelle im rechten Teil erläutern die beiden in der Messung nachgewiesenen Spezies. Die Erhöhungen entsprechen dem Zentralatom (gelbe Kugel im Modell) und den beiden hochstehenden Teilen des "Sattels" (orange Kugeln). Werden die Kohlenmonoxidmoleküle (rot und blau) angebunden, entsteht die charakteristische Kreuzform.

Die reversible Bindung von Sauerstoff und Kohlendioxid an Metalloporphyrinen ist ein zentraler Prozess bei der Atmung von Wirbeltieren. Auch für die Katalyse oder für den Bau chemischer Sensoren ist es wichtig zu verstehen, wie kleine Gasmoleküle an komplexierte Metallzentren chemisch binden. Zur Untersuchung dieser Bindungsprinzipien benutzten die Wissenschaftler Porphyrinmoleküle, in deren Mitte jeweils ein Kobalt- oder Eisenatom eingebaut ist. Mit diesen beschichteten sie eine metallische Trägerfläche aus Kupfer oder Silber.

Eine wichtige Eigenschaft der Porphyrine ist ihre strukturelle Flexibilität. Jüngere Arbeiten zeigten, dass jede spezielle geometrische Konfiguration die Funktionalität der Metallo-Porphyrine empfindlich beeinflussen kann. Entsprechend dem derzeitigen Kenntnisstand der Forschung erwarteten die Wissenschaftler, dass sich im Fall von Kohlenmonoxid jeweils nur ein CO-Molekül axial an ein zentrales Metallatom binden würde. Tatsächlich zeigten jedoch die detaillierten Rastertunnelmikroskopie-Experimente von Knud Seufert, dass sich zwei Gasmoleküle zwischen dem zentralen Metallatom und zwei gegenüberliegenden Stickstoffatomen anlagern. Entscheidend ist dabei eine Sattelform der Porphyrinmoleküle, wobei die beiden Gasmoleküle die Position des Reiters einnehmen.

Die zentrale Bedeutung der Sattelgeometrie zeigte sich auch in Modellrechnungen von Marie-Laure Bocquet von der Universität Lyon. Ihre Analyse half den Forschern, den neuartigen Bindungsmodus im Detail zu verstehen. Außerdem zeigte sie, dass die Form des molekularen Sattels auch nach der Bindung der beiden Gasmoleküle nahezu unverändert erhalten bleibt.

Ganz anders dagegen reagierten die Porphyrine, als die Wissenschaftler das Kohlenmonoxid durch stärker bindendes Stickstoffmonoxid ersetzten. Dieses bindet wie erwartet direkt am zentralen Metallatom, wobei nur eines an jedes Porphyrin passt. Die elektronische Struktur des Trägermoleküls wird dabei stark verändert und der charakteristische Sattel verflacht. Somit unterscheidet sich die Reaktion des Porphyrins auf unterschiedliche Gassorten drastisch – ein Befund, der auch für potentielle Anwendungen wie Sensoren von Interesse ist.

Dr. Willi Auwärter, einer der Autoren, ist begeistert: "Neu ist an unserem Ergebnis, dass wir eben diesen Mechanismus das erste Mal auf molekularer Ebene wirklich gesehen haben. Wir können sogar ganz gezielt einzelne Gasmoleküle von einem Porphyrinring auf einen anderen durch molekulare Manipulation umsetzen." Das Team hat sich zum Ziel gesetzt, die physikalischen und chemischen Prozesse an Oberflächen und Nanostrukturen aufzuklären.

Nachdem ihnen diese grundlegenden Einblicke gelungen sind, stellen sich die nächsten Fragen: Wie groß ist der Einfluss des Zentralatoms? Wie werden sich die Bindungen ändern, wenn das Ausgangsmolekül nicht verformt ist? Wie kann man mit solchen Systemen den Ladungstransfer an Grenzflächen steuern?

Die Arbeiten wurden insbesondere unterstützt aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Exzellenzcluster Munich-Centre for Advanced Photonics (MAP)), des TUM-Institute for Advanced Study, des European Research Councils (ERC Advanced Grant MolArt), sowie des spanischen Ministerio de Ciencia e Innovacion. Das Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften unterstützte die Arbeiten durch Bereitstellung von Rechenzeit. Die Arbeitsgruppe von Professor Barth ist Mitglied im Zentralinstitut für Katalyseforschung (CRC) der TUM.

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