Sichtbar mehr Bewegung: Forschende aus dem Ruhrgebiet entwickeln neues Mikroskop für Immunzellen
Hochdurchsatzanalyse von Arzneimittelsubstanzen: 60-mal schneller als herkömmliche Mikroskope
„Wir konnten in unseren Testläufen die Proben rund 60-mal schneller untersuchen als es mit herkömmlicher Videomikroskopie möglich gewesen wäre“, erklären die beiden Erstautorinnen Zülal Cibir und Jaqueline Hassel (UDE). Um den Einfluss existierender Arzneimittelwirkstoffe auf die Migration von Neutrophilen zu untersuchen, haben die Essener Forschenden rund 1.000 Wirkstoffe aus einer Substanzbibliothek des Lead Discovery Centers Dortmund getestet. Für die anschließende Analyse programmierten die KI-Expert:innen am ISAS eine passgenaue Software. Mithilfe des KI-unterstützten ComplexEye-Systems identifizierten die Forschenden dann innerhalb von nur vier Tagen 17 Substanzen, die die Beweglichkeit der humanen Neutrophilen stark beeinflussen können.
ComplexEye: weitere Diagnoseverfahren möglich
Zunächst sind die Erkenntnisse von grundlagenwissenschaftlichem Wert, aber die Forschenden hoffen, dass sich hieraus viele neue therapeutische Möglichkeiten ergeben. „Mit einigen kleineren Anpassungen lässt sich das ComplexEye auch für andere Zellen anwenden, um beispielsweise Krankheitsverläufe zu beobachten und dabei Frühwarnzeichen für eine Verschlimmerung von Infektionen wie drohende Blutvergiftungen zu erkennen“, so Immunologe Gunzer.
Über das ComplexEye
Um das ComplexEye zu entwickeln, haben Wissenschaftler:innen der Medizinischen Fakultät, der Elektro- und Informationstechnik der UDE und des Dortmunder ISAS eng zusammengearbeitet. „Die Herausforderung war, miniaturisierte Mikroskope zu bauen, beweglich zu machen und so dicht zu einem System zusammenzufügen, dass sie Videos von jeder einzelnen der 384 Kammern einer Well-Platte, einer gängigen Untersuchungskassette, aufnehmen können“, sagt Dr. Reinhard Viga aus dem Fachgebiet Elektronische Bauelemente und Schaltungen der UDE. Der Elektroingenieur leitete den technischen Aufbau des neuen Mikroskops. Wie das Facettenauge einer Fliege bewegt sich das ComplexEye unter der Well-Platte und macht gleichzeitig mit allen Linsen Aufnahmen im Abstand von acht Sekunden. Diese Aufnahmen fügen die Forschenden anschließend zu einem Zeitraffer-Video zusammen. Die in diesen Videos sichtbaren wandernden Zellen verfolgen („tracken“) die Forschenden anschließend mithilfe von KI. In Zukunft soll das ComplexEye um weitere Linsen erweitert werden, sodass noch mehr Aufnahmen möglich werden.
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