Biomoleküle vom Band
Fraunhofer-Wissenschaftler arbeiten an der nächsten Generation biotechnologischer Verfahren. Bisher nutzen Biotechnologen Zellen oder Mikroorganismen, wenn sie proteinbasierte Produkte wie Antikörper herstellen wollen. Mit dem Forschungsprojekt »Biomoleküle vom Band« soll nun die zellfreie Biotechnologie als neue aussichtsreiche Technologie etabliert werden.
Biologen, Physiker, Maschinenbauer und Elektroniker aus acht Fraunhofer-Instituten haben sich vorgenommen, biologische Grundstoffe herzustellen – ohne den Einsatz von Organismen. Sie bündeln ihr Wissen in der Fraunhofer-Systemforschung »Zellfreie Bioproduktion«. Diese Produktionsverfahren bilden biologische Stoffwechselprozesse nach. Anders als bisherige Herstellungsmethoden nutzen sie biochemische und molekularbiologische Prozesse außerhalb und unabhängig von Zellen oder Mikroorganismen. Durch dieses Verfahren entstehen hochreine Proteine, so dass die kostenintensive Proteinaufreinigung herkömmlicher Produktionsverfahren ersetzt werden könnte. Ziel ist es, dieses neue Verfahren nicht nur im Labor, sondern möglichst rasch für die industrielle Fertigung – zum Beispiel für die Produktion von Medikamenten – umzusetzen.
»Biotechnologie und Ingenieurwissenschaften wachsen zusammen. In dem Pilotprojekt Biomoleküle vom Band arbeiten wir fachübergreifend an Bioproduktionsanlagen von morgen. Das Modell der interdisziplinären Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungskette als Systemforschung hat sich bewährt, beispielsweise bei dem Thema Elektromobilität« sagt Professor Ulrich Buller, Forschungsvorstand der Fraunhofer-Gesellschaft.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Thomas Rachel, übergab am 17. März 2011 den Zuwendungsbescheid an Fraunhofer über rund 15 Millionen Euro, mit dem das BMBF das Vorhaben in den nächsten drei Jahren unterstützt. Weitere 6 Millionen Euro investiert die Fraunhofer-Gesellschaft in die Systemforschung zur zellfreien Bioproduktion für ein Eigenforschungsprojekt. Die Idee ist aus dem Strategieprozess »Biotechnologie 2020+« hervorgegangen, den das BMBF im vergangenen Jahr zusammen mit Hochschulen und Forschungsorganisationen ins Leben gerufen hat. Der Strategieprozess soll die Grundlagen für die Entwicklung einer nächsten Generation biotechnologischer Verfahren legen.
»Deutschland ist nach den USA zum zweitwichtigsten Produktionsstandort für biotechnologische Erzeugnisse aufgestiegen«, betonte Rachel. Die Industrie arbeite bereits in wichtigen Feldern mit neuen und umweltschonenden Produktionsverfahren. »Diese Entwicklung treiben wir mit diversen Förderinitiativen voran, sei es mit dem langfristig angelegten Strategieprozess Biotechnologie 2020+ oder mit dem Aufbau eines Bioraffinerie-Entwicklungszentrums in Leuna. Die Biotechnologie kann viele Möglichkeiten aufzeigen, wie in Deutschland der Wandel in eine biobasierte Wirtschaft gelingen kann.«
Die Biotechnologie ist in Deutschland bereits gut aufgestellt, die meisten der mehr als 500 Unternehmen beschäftigen sich mit der Entwicklung neuer Diagnostika und Therapien. Hierfür werden in ausreichender Menge hochwertige und reine Proteine benötigt. Mit der geplanten Plattform zur Proteinsynthese soll die Herstellung von Impfstoffen, Biomarkern und auch Antibiotika im industriellen Maßstab kostengünstig und effizient erfolgen.
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