Mit Perovskit zu besseren Kameras
Dreimal so viel Licht einfangen: Empa- und ETH-Forschende entwickeln einen Bildsensor aus Perovskit, der auch bei schlechten Lichtverhältnissen farbgetreue Fotos liefern soll. Der Trick dabei: Wo die Pixel für Rot, Grün und Blau bei herkömmlichen Bildsensoren nebeneinanderliegen, lassen sich Perovskit-Pixel platzsparend stapeln, was die Bildqualität verbessert.
nnovativer Bildsensor: Nun arbeiten die Empa-Forschenden daran, die ursprünglich bis zu fünf Millimeter grossen Pixel zu miniaturisieren und zu einem funktionierenden Bildsensor zusammenzufügen.
Empa
Familie, Freunde, Ferien, Vierbeiner: Heute lichten wir alles ab, was uns vors Objektiv kommt. Digitale Fotografie, ob mit Handy oder Kamera, ist simpel und entsprechend weit verbreitet. Jedes Jahr versprechen die neuesten Geräte einen noch besseren Bildsensor mit noch mehr Megapixeln. Die gängigste Art von Sensor basiert dabei auf Silicium, das durch spezielle Filter in einzelne Pixel für rotes, grünes oder blaues (RGB-) Licht unterteilt wird. Dies ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit, einen digitalen Bildsensor herzustellen – und möglicherweise auch nicht die beste.
Forschende der Empa und der ETH Zürich arbeiten an einer Alternative. Ein Konsortium, bestehend aus Maksym Kovalenko aus dem Empa-Labor «Thin Film and Photovoltaics», Ivan Shorubalko aus dem Empa-Labor «Transport at Nanoscale Interfaces» sowie den ETH-Forschenden Taekwang Jang und Sergii Yakunin, entwickelt einen Bildsensor aus Perovskit. Dieser ist in der Lage, wesentlich mehr Licht einzufangen als sein Gegenspieler aus Silicium. In einem Silicium-Bildsensor sind die RGB-Pixel gitterförmig nebeneinander angeordnet. Dabei fängt jeder Pixel nur rund ein Drittel des einfallenden Lichts ein; die restlichen zwei Drittel werden vom Farbfilter blockiert.
Pixel aus Bleihalogenid-Perovskiten brauchen keinen Extra-Filter: Der Filter ist im Material sozusagen «eingebaut». Den Empa- und ETH-Forschenden ist es gelungen, Bleihalogenid-Perovskite so herzustellen, dass sie nur das Licht einer bestimmten Wellenlänge – und somit Farbe – absorbieren, für andere Wellenlängen hingegen transparent sind. Somit lassen sich die Pixel für Rot, Grün und Blau übereinanderschichten, anstatt sie nebeneinander anzuordnen. Der resultierende Pixel kann alle Wellenlängen des Lichts absorbieren. «Mit einem Perovskit-Sensor liesse sich also dreimal so viel Licht pro Fläche einfangen wie mit einem herkömmlichen Silicium-Sensor», erklärt Empa-Forscher Shorubalko. Ausserdem konvertiert Perovskit einen grösseren Anteil des absorbierten Lichts zu einem elektrischen Signal, was dem Bildsensor eine noch höhere Effizienz verleiht.
Die Herstellung von einzelnen funktionierenden dreifarbigen Perovskit-Pixeln konnte die Forschungsgruppe von Kovalenko an der Empa und der ETH Zürich bereits 2017 zeigen. Um den nächsten Schritt in Richtung echter Bildsensoren zu machen, hat sich das von Kovalenko geleitete ETH-Empa-Konsortium mit der Elektronikindustrie zusammengetan. «Zu den Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, gehören die Suche nach neuen Verfahren zur Herstellung und Strukturierung von Materialien sowie das Design und die Implementierung von Perovskit-kompatiblen elektronischen Auslese-Architekturen», betont Kovalenko. Nun arbeiten die Forschenden daran, die ursprünglich bis zu fünf Millimeter grossen Pixel zu miniaturisieren und zu einem funktionierenden Bildsensor zusammenzufügen. «Im Labor stellen wir zwar nicht die grossen Sensoren mit mehreren Megapixeln her, wie sie in Kameras zum Einsatz kommen», erklärt Shorubalko, «aber bereits mit einer Grösse von rund 100'000 Pixeln können wir zeigen, dass die Technologie funktioniert.»
Gute Leistung ganz ohne Schmelze
Ein weiterer Vorteil von Perovskit-basierten Bildsensoren ist ihre Herstellung. Im Gegensatz zu anderen Halbleitern sind Perovskite wenig empfindlich auf Materialdefekte und lassen sich dadurch verhältnismässig unkompliziert herstellen, etwa indem man sie aus einer Lösung auf das Trägermaterial ablagert. Konventionelle Bildsensoren brauchen hingegen hochreines monokristallines Silicium, das in einem langsamen Verfahren bei fast 1500 Grad Celsius hergestellt wird.
Die Vorteile von Perovskit-basierten Bildsensoren liegen auf der Hand. Nicht überraschend also, dass das Forschungsprojekt auch eine Industriepartnerschaft umfasst. Die Herausforderung liegt in der Stabilität des Perovskits, das empfindlicher auf Umwelteinflüsse reagiert als Silicium. «Mit Standardverfahren würde man das Material zerstören», sagt Shorubalko. «Also entwickeln wir neuartige Verfahren, bei denen das Perovskit stabil bleibt. Und unsere Partnergruppen an der ETH Zürich arbeiten daran, die Stabilität des Bildsensors im Betrieb zu gewährleisten.»
Sollte dies im Rahmen des noch bis Ende 2025 laufenden Projekts gelingen, ist die Technologie bereit für den Transfer in die Industrie. Shorubalko ist zuversichtlich, dass das Versprechen von einem besseren Bildsensor Handyhersteller anzieht. «Viele Menschen suchen sich heute ihr Smartphone anhand der Kameraqualität aus, weil sie dann keine separate Kamera mehr brauchen», sagt der Forscher. Da könnte ein Sensor, der bei viel weniger Licht erstklassige Bilder liefert, durchaus ein Pluspunkt sein.
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