Potentialflächen von Wasser erstmals kartiert

Die Chemie des Wassers besser verstehen

12.07.2022 - Deutschland

Flüssigkeiten sind schwerer zu beschreiben als Gase oder kristalline Feststoffe. Ein HZB-Team hat nun an der Swiss Light Source SLS des Paul Scherrer Instituts, Schweiz, erstmals die Potentialflächen von Wassermolekülen in flüssigem Wasser unter normalen Umgebungsbedingungen kartiert. Das trägt dazu bei, die Chemie des Wassers und in wässrigen Lösungen besser zu verstehen. Diese Untersuchungen können demnächst an der neu errichteten METRIXS-Station an der Röntgenquelle BESSY II fortgesetzt werden.

Unsplash

Symbolbild

Wasser ist die bekannteste Flüssigkeit der Welt. In allen biologischen und vielen chemischen Prozessen spielt Wasser eine entscheidende Rolle. Die Wassermoleküle selbst bergen kaum noch ein Geheimnis. Schon in der Schule lernen wir, dass Wasser aus einem Sauerstoff-Atom und zwei Wasserstoff-Atomen besteht. Wir kennen sogar den typischen stumpfen Winkel, den die beiden O-H-Schenkel miteinander bilden. Außerdem wissen wir natürlich, wann Wasser kocht oder gefriert und wie diese Phasenübergänge mit dem Druck zusammenhängen. Aber zwischen der Kenntnis des einzelnen Moleküls und dem Wissen über die makroskopischen Phänomene klafft ein weiter Bereich des Ungefähren: Ausgerechtet über das Verhalten der einzelnen Moleküle in ganz normalem flüssigem Wasser ist nur Statistisches bekannt, die Wassermoleküle bilden ein fluktuierendes Netz aus Wasserstoffbrücken, ungeordnet und dicht und ihre Wechselwirkungen sind überhaupt nicht so gut verstanden wie im gasförmigen Zustand.

Reines Wasser mit RIXS untersucht

Nun hat ein Team um die HZB-Physikerin Dr. Annette Pietzsch hochreines, flüssiges Wasser bei Zimmertemperatur und normalem Druck unter die Lupe genommen. Mit Röntgenuntersuchungen an der Swiss Light Source des Paul Scherrer Instituts und statistischen Modellierungen ist es den Forscher:innen erstmals gelungen, die so genannten Potentialflächen der einzelnen Wassermoleküle im Grundzustand zu kartieren, die je nach Umgebung vielfältige Gestalt annehmen.

Potentialflächen vermessen

„Das Besondere ist hier die Methode: Wir haben die Wassermoleküle an der ADRESS-Beamline mit resonanter inelastischer Röntgenstreuung untersucht. Einfach ausgedrückt haben wir einzelne Moleküle nur ganz vorsichtig angeschubst und dann gemessen, wie sie in den Grundzustand zurückfallen“, sagt Pietzsch. Die niederenergetischen Anregungen führten zu Streckschwingungen und anderen Vibrationen, durch die sich – kombiniert mit Modellrechnungen – ein detailliertes Bild der Potentialoberflächen ergab.

„Damit haben wir eine Methode, um experimentell die Energie eines Moleküls in Abhängigkeit von seiner Struktur zu ermitteln“, erläutert Pietzsch. „Das hilft, die Chemie im Wasser zu verstehen, also auch mehr zu durchblicken, wie sich Wasser als Lösungsmittel verhält.“

Ausblick auf METRIXS an BESSY II

Die nächsten Experimente sind schon in Vorbereitung, und zwar an der Röntgenquelle BESSY II am HZB. Dort hat Annette Pietzsch mit ihrem Team die Messstation METRIXS aufgebaut, die genau dafür konzipiert ist, flüssige Proben mit RIXS-Experimenten zu untersuchen. „Nach den Wartungsarbeiten im Sommer starten wir mit ersten Tests der Messinstrumente. Und dann kann es weitergehen.“

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Zuletzt betrachtete Inhalte

Tiger Optics expandiert weltweites Distributor-Netzwerk - Acht neue Distributoren für Gas-Analyzer in Europa und den USA

Meilenstein auf dem Weg zur direkten Abbildung einzelner Biomoleküle - Neue Technik ermöglicht räumliche Trennung verschiedener Peptid-Formen

Meilenstein auf dem Weg zur direkten Abbildung einzelner Biomoleküle - Neue Technik ermöglicht räumliche Trennung verschiedener Peptid-Formen

Veränderungen bei Waldner Laboreinrichtungen - Neue Struktur der Geschäftsführung

Erkennung HIV-1-infizierter Zellen - Protein HLA-F interagiert hochaffin mit NK-Zellrezeptor KIR3DS1

Die Elektronen-Zeitlupe: Wie reagieren verschiedene Materialien auf den Einschlag von Ionen? - Femtosekunden-Reise durch das Graphen

Die Elektronen-Zeitlupe: Wie reagieren verschiedene Materialien auf den Einschlag von Ionen? - Femtosekunden-Reise durch das Graphen

GATC-Tochter LifeCodexx AG entwickelt Tests für die Pränataldiagnostik - Ehemaliger Geschäftsführer von Cogenics wird CEO

Mit Mini-Därmen funktionelle Unterschiede und Schwachstellen von Darmkrebs aufspüren - Kombiniertes In-vitro- und In-vivo-CRISPR-Cas9-Screening identifiziert Tumorsuppressoren in Darmorganoiden

Mit Mini-Därmen funktionelle Unterschiede und Schwachstellen von Darmkrebs aufspüren - Kombiniertes In-vitro- und In-vivo-CRISPR-Cas9-Screening identifiziert Tumorsuppressoren in Darmorganoiden

Bahnbrechende Entdeckung ebnet den Weg für neue Elektronik mit chiralen Materialien - Monopole des orbitalen Drehimpulses könnten die Informationstechnologie der Zukunft revolutionieren

Bahnbrechende Entdeckung ebnet den Weg für neue Elektronik mit chiralen Materialien - Monopole des orbitalen Drehimpulses könnten die Informationstechnologie der Zukunft revolutionieren

HYPERION II | FT-IR-Mikroskope | Bruker

HYPERION II | FT-IR-Mikroskope | Bruker

Life Technologies unterstützt weltweit Labore beim Nachweis von Influenza A (H1N1) - Unternehmen arbeitet eng mit internationalen Behörden zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zusammen

Einzigartiges Röntgenmikroskop in Betrieb genommen

Wissenschaftler entwickeln einen DNA-Test, der Borreliose bei Pferden identifiziert - Ein Test, der von einem Rutgers-Professor entwickelt wird, könnte auch für Menschen und Hunde anwendbar sein

Wissenschaftler entwickeln einen DNA-Test, der Borreliose bei Pferden identifiziert - Ein Test, der von einem Rutgers-Professor entwickelt wird, könnte auch für Menschen und Hunde anwendbar sein