Biologen lassen lebende Spermien leuchten

16.01.2020 - Deutschland

Biologen der TU Dresden ist es mit einer neuartigen Methode gelungen, den Stoffwechsel von intaktem Gewebe der Taufliege ohne jegliches Färben der Proben im Mikroskop untersuchen zu können. Dazu nutzten sie die Eigenfluoreszenz bestimmter Stoffwechselmoleküle und konnten erstmalig feststellen, dass Spermien sehr glykolytisch sind und sich dadurch von anderen Gewebearten unterscheiden.

Cornelia Wetzker

Falschfarbenbild der Fluoreszenz-Lebenszeit des Stoffwechselmoleküls NADH eines Spermienhaufens (hier gelb) in einem weiblichen Spermienspeicherorgan in der Taufliege.

Wie gelingt es Insektenweibchen, aufgenommene Spermien monatelang in ihrem Körper frisch zu halten? Diesem Phänomen sind die Spermienbiologen an der Professur für Angewandte Zoologie unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Reinhardt schon seit einigen Jahren auf der Spur. Die Ausdauer und Mühe bei der akribischen Forschungsarbeit haben sich gelohnt, denn nun konnten die Wissenschaftler erste, äußerst vielversprechende Ergebnisse im Online-Journal Scientific Reports präsentieren.

Das Team um Studienleiterin Dr. Cornelia Wetzker nutzte eine Technik, welche bereits bei der Krebserkennung angewandt wird. Dabei wird die Eigenfluoreszenz des zelleigenen Stoffwechselmoleküls NADH sowie die spezifische Dauer der Fluoreszenz, die sogenannte Fluoreszenz-Lebenszeit, mittels eines spezialisierten Mikroskops gemessen. Diese Zerfallszeiten dienen als Erkennungszeichen, als Unterschrift eines Gewebes. Die Fluoreszenz-Lebenszeit erlaubt Rückschlüsse auf die spezifischen Stoffwechselwege des Gewebes. Krebszellen besitzen eine kürzere NADH Fluoreszenz-Lebenszeit, sind verstärkt glykolytisch und können dadurch von gesunden Zellen unterschieden werden.

Dr. Cornelia Wetzker gelang es mit diesem Verfahren nun erstmalig, den Stoffwechsel an völlig intakten Geweben der Taufliege außerhalb des Körpers zu untersuchen. Sie analysierte den Stoffwechsel von Spermien in den Speicherorganen männlicher und weiblicher Tiere, sowie anderer Gewebe der Taufliege. Die Spermien befanden sich dabei in noch geschlossenen Organen, die im Männchen zur Speicherung vor und in den Weibchen nach der Verpaarung dienen. Das Team fand so heraus, dass die Spermien einen stark glykolytischen Stoffwechsel aufweisen, ähnlich dem von Krebszellen. Andere Zellen, wie Darm-, Drüsen- und Fettzellen waren in einem deutlich oxidativerem Zustand.

Zu ihrer ursprünglichen Ausgangsfrage, wie die Spermien im Körper der Insektenweibchen frisch bleiben, haben die Biologen mittels der Methode einen ersten Anhaltspunkt gefunden. Sie haben entdeckt, dass sich die Fluoreszenz-Lebenszeit eines weiteren fluoreszierenden Stoffwechselmoleküls mit Namen FAD in den Spermien, die sich im Weibchen befinden, ändert.

Mit Blick auf die klinische Anwendung dieser Technik erweist sich die Fluoreszenz-Lebenszeit-Mikroskopie (FLIM) als hoffnungstragend. "Die Aufzeichnung der Zerfalls-Signale könnte mit Hilfe neuronalen Netzen sogar automatisiert werden", vermutet Dr. Cornelia Wetzker. "Und da die Methode nicht gefährlich ist, spricht nichts dagegen, sie am lebenden Menschen oder Tier einzusetzen", ergänzt Professor Klaus Reinhardt.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten

Themenwelt Fluoreszenzmikroskopie

Die Fluoreszenzmikroskopie hat die Life Sciences, Biotechnologie und Pharmazie revolutioniert. Mit ihrer Fähigkeit, spezifische Moleküle und Strukturen in Zellen und Geweben durch fluoreszierende Marker sichtbar zu machen, bietet sie einzigartige Einblicke auf molekularer und zellulärer Ebene. Durch ihre hohe Sensitivität und Auflösung erleichtert die Fluoreszenzmikroskopie das Verständnis komplexer biologischer Prozesse und treibt Innovationen in Therapie und Diagnostik voran.

1 Produkte
1 Broschüren
Themenwelt anzeigen
Themenwelt Fluoreszenzmikroskopie

Themenwelt Fluoreszenzmikroskopie

Die Fluoreszenzmikroskopie hat die Life Sciences, Biotechnologie und Pharmazie revolutioniert. Mit ihrer Fähigkeit, spezifische Moleküle und Strukturen in Zellen und Geweben durch fluoreszierende Marker sichtbar zu machen, bietet sie einzigartige Einblicke auf molekularer und zellulärer Ebene. Durch ihre hohe Sensitivität und Auflösung erleichtert die Fluoreszenzmikroskopie das Verständnis komplexer biologischer Prozesse und treibt Innovationen in Therapie und Diagnostik voran.

1 Produkte
1 Broschüren

Zuletzt betrachtete Inhalte

Gefährliche Bakterien in Biofilmen schneller identifizieren und therapieren - Verknüpfungsprotein Lektin LecB eignet sich zur schnellen Diagnose von gefährlichen Pseudomonasstämmen

Gefährliche Bakterien in Biofilmen schneller identifizieren und therapieren - Verknüpfungsprotein Lektin LecB eignet sich zur schnellen Diagnose von gefährlichen Pseudomonasstämmen

Neuartige Geräte beschleunigen Suche nach passenden Wirkstoffkandidaten - NanoTemper Technologies und PharmAI entwickeln biophysikalische Werkzeuge für die Analyse riesiger Datenmengen in der Medikamentenforschung

Neuartige Geräte beschleunigen Suche nach passenden Wirkstoffkandidaten - NanoTemper Technologies und PharmAI entwickeln biophysikalische Werkzeuge für die Analyse riesiger Datenmengen in der Medikamentenforschung

Laborreform – ein drohender Rückschritt für die medizinische Versorgung?

Laborreform – ein drohender Rückschritt für die medizinische Versorgung?

PerkinElmer und VWR International schließen sich zusammen, um eine kombinierte Servicelösung anzubieten

Schadstoffe in Weichplastikködern: Risiken für Angelnde und Umwelt - Gesundheitsschädigende Phtalate und hormonaktive Extrakte werden aus gängigen Ködern freigesetzt

Schadstoffe in Weichplastikködern: Risiken für Angelnde und Umwelt - Gesundheitsschädigende Phtalate und hormonaktive Extrakte werden aus gängigen Ködern freigesetzt

Helmholtz-Preis für hochpräzise Messungen zur Relativitätstheorie und zu Nanomaterialien

Helmholtz-Preis für hochpräzise Messungen zur Relativitätstheorie und zu Nanomaterialien

Einzelne lebende Zellen anzapfen - Neue Technik könnte «Einzel-Zell-Analysen» revolutionieren

Einzelne lebende Zellen anzapfen - Neue Technik könnte «Einzel-Zell-Analysen» revolutionieren

Auf der Spur von Tausenden von Schwingungen chemischer Bindungen in der Zelle - Freiburger Biophysiker entwickelt Infrarot-Spektroskopie weiter

Rauchmelder „erschnüffelt“ Brandquellen - Alarm schon bevor es brennt

Rauchmelder „erschnüffelt“ Brandquellen - Alarm schon bevor es brennt

Medizinische Bilder im Homeoffice befunden - Start-up stellt App kostenfrei zur Verfügung

Medizinische Bilder im Homeoffice befunden - Start-up stellt App kostenfrei zur Verfügung

PerkinElmer schließt Übernahme von Oxford Immunotec ab

PerkinElmer schließt Übernahme von Oxford Immunotec ab

Forschende aus Polen, Frankreich und Italien für Arbeiten in Zellbiologie, Biomineralisierung und Photonik ausgezeichnet - WITec Paper Award 2023 würdigt hervorragende Publikationen

Forschende aus Polen, Frankreich und Italien für Arbeiten in Zellbiologie, Biomineralisierung und Photonik ausgezeichnet - WITec Paper Award 2023 würdigt hervorragende Publikationen