Schnelle 3-D-Analyse von Gefügemerkmalen

Möglichkeiten der höchstauflösenden Röntgencomputertomographie zur Analyse von Gefügemerkmalen metallischer Werkstoffe

29.04.2009 - Deutschland

Bisherige Methoden zur Bestimmung und Analyse von Gefügemerkmalen (zum Beispiel Dendritenarmabstände, Korngrößen, Korngrenzen) in metallischen Legierungen basieren auf zweidimensionalen Schnitten. Die Bestimmung der dreidimensionalen Ausprägung kann aufgrund der notwendigen metallografischen Präparation mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden sein. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn es um die räumliche Verteilung von Gefügeelementen geht, die auf der Basis zweidimensionaler Schnitte dokumentiert werden muss. Ein weiterer Nachteil ist die aus der Analyse resultierende Zerstörung des Werkstückes. Neuere Entwicklungen im Bereich der industriellen Röntgentechnik ermöglichen es, Strukturen in der Größenordnung von wenigen Mikrometern zu erfassen und darzustellen. Durch die Verwendung spezieller Röntgentargets in doppelfokussierenden Mikrofokusröntgenröhren können extrem kleine Röntgenbrennflecke im Bereich um 1 µm Größe erreicht werden. Dadurch ist es möglich, mittels Computertomographie (CT) einen 3-D-Volumendatensatz von Werkstoffproben mit einer Voxelgröße von unter 1 µm Kantenlänge zu generieren. Der Vorteil dieses volumengebenden Verfahrens liegt in der Möglichkeit der 3-D-Analyse der Werkstoffprobe ohne Umweg über 2-D-Schliffbilder. Durch Anätzen des metallurgischen Schliffs wird der für die optische Analyse notwendige Kontrast erzeugt. Der Kontrast der unterschiedlichen Bestandteile der Legierung wird in der Computertomographie durch die Unterschiede im Röntgenabsorptionsverhalten der Gefügebestandteile erzeugt, was eine sehr sorgfältige Auswahl der Aufnahmeparameter in Abhängigkeit der Legierung für die CT notwendig macht.

Fraunhofer EZRT

3-D-Darstellung einer AlSi12-Legierung.

Speziell für die Gruppe der Legierungen, die in der Automobilindustrie für die Herstellung von Komponenten für Verbrennungsmotoren (Zylinderköpfe, Motorblöcke) verwendet werden, ist eine Untersuchung des Gefüges von starkem Interesse, da die Gefügemerkmale Aufschluss über das Festigkeits- und Ermüdungsverhalten der Werkstoffe geben. Als exemplarische Beispiele aus dieser Gruppe seien hier AlSi6Cu4, AlSi7Mg0,3 und AlSi7Cu3Mg genannt. Die Metallographie bedient sich dabei unterschiedlicher Methoden, die eine Charakterisierung des Legierungsgefüges ermöglichen. Die Festigkeit und Güte einer Al-Si-Legierung kann anhand der vorliegenden Mikrostrukturen, deren Morphologie und Verteilung im Gefüge sowie anhand von Porositäten beurteilt werden. In einer lichtmikroskopische Aufnahme eines Schliffes einer Al-Si-Cu-Legierung sind die Mikrostrukturen mit einer dendritischen Primärphase sowie einer eutektischen Phase im interdendritischen Bereich erkennbar. Für die Untersuchung der dendritischen Ausprägung können zwei charakteristische Größen herangezogen werden: Der sekundäre Dendritenarmabstand (SDAS) sowie der primäre Dendritenarmabstand (DAS). Diese beiden charakteristischen Größen geben Auskunft über die Beschaffenheit und Ausbreitung von Dendriten, aus denen Materialeigenschaften wie Festigkeit und Ermüdungsverhalten abgeleitet werden können.

Zur Untersuchung von Gefügemerkmalen wie den SDAS, DAS, Phasenverteilungen als auch Porositäten werden in der Metallographie zweidimensionale bildgebende Verfahren eingesetzt. Üblicherweise werden statistische Methoden auf der Basis von 2-D-Schnitten angewendet, die jedoch eine individuelle Ausprägung von Phasen nur eingeschränkt berücksichtigen. Eine dreidimensionale Untersuchung einzelner Bestandteile ist prinzipiell über die Kombination von 2-D-Einzelmessungen realisierbar, in der tatsächlichen Umsetzung jedoch nur eingeschränkt möglich. Dies gilt insbesondere für die erzielbare Auflösung in der dritten Dimension, die von der Größe des zu bestimmenden Elementes und der Anzahl realisierbarer 2-D-Schnitte durch dieses Element abhängt. Die Kombination ist aufwändig und wird kaum realisiert. Standarduntersuchungsmethoden sind die Lichtmikroskopie sowie Elektronenmikroskopie, die mit Hilfe einer geeigneten Probenpräparation eine zweidimensionale Betrachtung des Materialgefüges ermöglichen. Diese Verfahren zeichnen sich besonders durch eine hohe erzielbare Auflösung von weniger als 0,1 µm aus. Zur Gefügeuntersuchung mittels Lichtmikroskopie erfolgt die Probenpräparation durch metallographischen Schliff, anschließender Politur und Anätzen der Oberfläche, was zur Erhöhung des Kontrastes zwischen den einzelnen Gefügebestandteilen führt.

Anders als bei der Auflichtmikroskopie und den hier angewandten kontrastspezifischen Ätzverfahren ist der in einer CT erzielbare Kontrast allein auf die atomaren Eigenschaften der Gefügebestandteile zurückzuführen. Anhand dieser materialspezifischen Absorptionskoeffizienten lassen sich, ähnlich einer EDX-Analyse, unterschiedliche Bestandteile im rekonstruierten Volumen trennen und in ein relatives Verhältnis zu einander bringen. Diese Analyse der Bestandteile lässt Schlüsse auf die unterschiedlichen Phasen der Legierung zu und über den Abgleich mit EDX-Ergebnissen auf deren quantitative Verteilung im 3-D-Volumen.

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