Forscherteam auf der Spur von AIDS, Rinderwahn und Alzheimer: Neues Biomolekulares NMR-Zentrum eingeweiht

19.05.2005

Drei neue, hochleistungsfähige magnetische Kernresonanz-Spektrometer erlauben es jetzt Wissenschaftlern am Forschungszentrum Jülich, die räumliche Struktur von Proteinen noch umfassender zu untersuchen. Unter anderem erhoffen sich die Forscher, der Funktionsweise von krankmachenden Viren wie HIV auf die Spur zu kommen oder neue Diagnose- und Therapieverfahren für Krankheiten wie Alzheimer oder Rinderwahn entwickeln zu können. Die drei neuen Geräte sind Kernstück des NMR-Zentrums, das die Ministerin für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, einweihte.

Kraft betonte, das neue NMR-Zentrum stärke die Forschungsschwerpunkte 'Hirnforschung' und 'Früherkennung und Therapie der altersbedingten Hirnerkrankungen'. Die Ministerin unterstrich seine Bedeutung für die Positionierung des Forschungszentrums Jülich im internationalen Forschungswettbewerb auf dem Gebiet der Neuroscience. Besonders hob Kraft die Kooperation zwischen Forschungszentrum und Universität Düsseldorf hervor. "Ein wesentliches Element unseres neuen Forschungskonzepts 2010 ist die engere Verzahnung von universitärer mit außeruniversitärer Forschung. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Partnern im Bereich der Biotechnologie darf in dieser Hinsicht wohl als vorbildlich bezeichnet werden."

Für das neue NMR-Zentrum wurde eigens ein neues Gebäude auf dem Gelände des Forschungszentrums errichtet: Es besteht vorrangig aus Holz, weil die drei Spektrometer besonders starke magnetische Kräfte erzeugen - bis zum 300.000fachen des Erdmagnetfelds. Ein Gerät mit der Messfrequenz von 600 Megahertz (MHz) wechselte seinen Standort aus dem Labor des Jülicher Instituts für Biologische Informationsverarbeitung in das neue Gebäude. Im vergangenen Jahr begann dann der Aufbau der beiden neuen Geräte mit 600 MHz und 800 MHz.

"Wir konnten mit den neuen Spektrometern sofort wertvolle Ergebnisse erzielen", berichtet Prof. Dieter Willbold, der Leiter des neu geschaffenen Zentrums. "Aber bis solch hochkomplexe Apparaturen reibungslos laufen, dauert es eine Weile. Wir feiern mit der Einweihung des Zentrums heute also den lang ersehnten geregelten Messbetrieb", freute sich der Biochemiker.

Den neuen Labortrakt des Zentrums mit rund 170 Quadratmetern Arbeitsfläche finanzierte das Forschungszentrum Jülich. Auch die laufenden Betriebskosten in Höhe von rund 35.000 Euro pro Jahr stellt das Forschungszentrum zur Verfügung. Das Land Nordrhein-Westfalen und der Bund teilen sich die Gerätekosten von 2,5 Millionen Euro für die zwei neuen Kernresonanz-Spektrometer. Die Universität Düsseldorf beteiligt sich mit 15 Prozent.

Die wissenschaftlichen Erfolge des Teams um Prof. Willbold rechtfertigen den finanziellen Einsatz der beteiligten Institutionen. So klärten die Forscher bisher unbekannte Strategien des AIDS-Virus auf, die das Immunsystem schwächen und die Virenproduktion ankurbeln. Beim SARS-Virus entschlüsselten sie die dreidimensionale Struktur eines Proteins, das offensichtlich die T-Abwehrzellen des Menschen blockiert. Beide Ergebnisse bilden die Basis für neue Medikamente. Den berüchtigten Prion-Proteinen, die für Rinderwahn (BSE) und Creutzfeldt-Jakob verantwortlich gemacht werden, rücken die Forscher mit kurzkettigen Eiweißbausteinen zu Leibe. Diese Bausteine stabilisieren die ungefährliche Form des Proteins und verhindern die Bildung der krankmachenden Variante, die BSE auslöst. Ähnlich gehen die Wissenschaftler bei Alzheimer-Plaques vor. Sie entwarfen ein Eiweißmolekül, das sich im lebenden Gehirn an die Plaques heften kann.

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