Arsenstoffwechsel komplexer als vermutet?
Organische Arsen-Schwefel-Verbindung in Schafsurin entdeckt
Wenn im Krimi von "Arsen" die Rede ist, wurde das Opfer meist mit Arsenik, d.h.
Arsenoxid, vergiftet. Wie giftig eine arsenhaltige Substanz ist, hängt von ihrem
genauen Aufbau. Im Urin einer seltenen Schafsrasse fanden Forscher der
Universitäten Aberdeen, Schottland, und York, England, eine bisher unbekannte
organische Arsenverbindung. Das Besondere daran: An das Arsenatom ist ein
Schwefelatom gebunden - das erste Mal, dass ein Thioorganoarsenat, so der Name
dieser Verbindungsklasse (griech. theion = Schwefel), in einer biologischen
Probe gefunden wurde.
"Überraschend, aber eigentlich nicht unerwartet," findet Jörg Feldmann, "denn
Arsen hat eine hohe Affinität zu Schwefel, im Organismus binden Arsenionen an
Schwefelwasserstoffgruppen von Proteinen und legen so wichtige physiologische
Funktionen lahm. Auch beim Abbau von arsenhaltigen Verbindungen im Körper spielt
die Bindung zwischen Arsen- und Schwefelatomen eine wichtige Rolle." Auf der
Suche nach arsenhaltigen Stoffwechselprodukten untersuchten er und seine
Kollegen den Urin einer britischen Schafsart, deren Lieblingsspeise Seegras ist.
Seegras akkumuliert Arsen, das in Meerwasser in Spuren vorhanden ist, in Form
von so genannten Arsenozuckern, einer bisher als nichttoxisch eingestuften
Verbindungsklasse. Das Thioorganoarsenat, dessen Struktur durch
chromatographische und massenspektrometrische Methoden charakterisiert wurde,
ist nicht sehr beständig, vielleicht einer der Gründe, warum es jetzt erst
entdeckt wurde. Beim längeren Stehenlassen und bei der Behandlung der Proben
wird es rasch in das entsprechende Oxoorganoarsenat umgewandelt, das Schwefel-
also durch ein Sauerstoffatom ersetzt. Die Oxo-Verbindung ist bereits seit
längerem bekannt, sie soll in Schalentieren vorkommen und galt bisher als
Metabolit von Arsenozuckern, der mit dem Urin ausgeschieden wird.
Möglicherweise wurden Thioorganoarsenate bei der Analytik von Bioproben bisher
einfach übersehen. Feldmann: "Die Standardbedingungen bei der Analytik von
Arsenverbindungen scheinen für den Nachweis von Thioorganoarsenaten sehr
ungünstig zu sein." Beispielsweise spielt der pH-Wert (Säurewert) bei der
Trennung der Proben auf Chromatographie-Säulen eine wichtige Rolle. In stark
sauren Lösungen zersetzt sich das in Schafsurin gefundene Thioorganoarsenat
leicht, mit nur schwach sauren Flüssigkeiten lässt es sich nicht mehr von der
Säule eluieren. "Mit diesem Wissen könnte vielleicht bald eine Vielzahl weiterer
Thioorganoarsen-Verbindungen entdeckt werden," spekuliert Feldmann. "Der
Stoffwechsel von Arsenverbindungen im Körper scheint jedenfalls komplexer zu
sein als zuvor angenommen, und es eröffnen sich neue Fragen zur Toxizität von
Arsenverbidnungen."
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