MINFLUX-Nanoskopie sieht Zellen molekular scharf
Fluoreszenzmikroskopie mit molekularer Trennschärfe nun auch für die Lebenswissenschaften
Vor drei Jahren stellten der Göttinger Nobelpreisträger Stefan Hell und sein Team die MINFLUX-Nanoskopie vor. Mit ihr war es erstmals möglich, fluoreszierende Moleküle mit Licht getrennt sichtbar zu machen, die nur ein paar Nanometer (millionstel Millimeter) voneinander entfernt sind – die Technik ist also hundertmal schärfer als die herkömmliche Lichtmikroskopie. Schärfer geht es nicht. Jetzt haben die Max-Planck-Forscher eine neue Entwicklungsstufe dieser Technik präsentiert: MINFLUX erreicht diese Auflösung nun auch in Zellen, und das mehrfarbig und in 3D. Damit lässt sich die MINFLUX-Nanoskopie auf vielfältige biologische Fragestellungen anwenden.
Der Vergleich dokumentiert die epochalen Auflösungs-Durchbrüche in der Fluoreszenzmikroskopie: Die von Stefan Hell und Mitarbeitern entwickelte STED-Mikroskopie erreichte bereits vor über zehn Jahren eine etwa 10 Mal höhere Auflösung als die weitverbreitete Konfokal-Mikroskopie. Mit MINFLUX steigerten sie nun die Detailschärfe noch einmal um das 10-Fache, also insgesamt 100-fach und damit bis in den Bereich weniger Nanometer.
© Stefan Hell / Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie
Es war ein großes Versprechen für die biologische Forschung, das Hell gab, als er und sein Team im Jahr 2016 MINFLUX vorgestellt hatten: Er sei davon überzeugt, dass die Methode das Zeug dazu habe, eines der mächtigsten Werkzeuge der Zellbiologie zu werden, sagte der Physiker vom Göttinger Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie damals. „Mit diesem Verfahren wird es möglich sein, Zellen molekular zu kartografieren.“
Für MINFLUX hatte Hell die Stärken der beiden bis dato hochauflösendsten Fluoreszenz-Nanoskopie-Techniken zusammengeführt: PALM/STORM und die von ihm selbst entwickelte STED-Mikroskopie, für die er 2014 den Nobelpreis für Chemie erhalten hatte. MINFLUX erreichte erstmals eine Trennschärfe von wenigen Nanometern und war auch bis zu hundertmal schneller im Verfolgen sich in der Zelle bewegender Moleküle. Allerdings war MINFLUX damals nur für künstliche Testobjekte gezeigt worden und noch nicht für die Untersuchung von (lebenden) Zellen einsetzbar.
Die aktuelle Veröffentlichung mit den Erstautoren Klaus Gwosch, Jasmin Pape und Francisco Balzarotti löst nun dieses Versprechen ein und zeigt das ganze Potential der Methode. „Wir haben MINFLUX so weit entwickelt, dass wir fluoreszierende Moleküle in Zellen mit maximaler, molekularer Auflösung, in zwei Farben und dreidimensional sichtbar machen können“, fasst Jasmin Pape zusammen. „Damit erfüllt MINFLUX bereits heute viele Anforderungen, um Moleküle und Prozesse in lebenden Zellen molekular scharf abzubilden und zu untersuchen.“
MINFLUX nutzt einen Donut-förmigen Laserstrahl mit einer Intensitäts-Nullstelle in der Mitte, um einzelne fluoreszierende Moleküle zum Leuchten zu bringen. Aus der Stärke der Fluoreszenz lässt sich die ungefähre Position des Moleküls relativ zur Donutmitte bestimmen. Anschließend bewegt das Mikroskop den Donut so, dass sich die Intensitäts-Nullstelle näher am Molekül befindet. Weil die Position der Nullstelle bekannt ist, ist somit auch die Molekülposition genauer bestimmt – und das mit vergleichsweise wenigen Fluoreszenzphotonen. Die Wissenschaftler optimierten diesen Prozess, bis er auf ein bis drei Nanometer exakte Ergebnisse lieferte. MINFLUX ist nun auch für größere Proben einsetzbar, wie sie typischerweise unter dem Mikroskop von Biologen liegen, wenn sie lebende Zellen analysieren.
Außerdem nutzt MINFLUX jetzt eine dreidimensionale Donut-Intensitäts-Nullstelle, um Molekülverteilungen auch in allen Raumrichtungen – also in 3D – molekular aufzulösen. Mit dem neuesten Versuchsaufbau können die Forscher noch dazu die Verteilung zweier unterschiedlich markierter Molekülarten zeitgleich beobachten.
„MINFLUX ist nun bereit für zellbiologische Fragestellungen. Trotz der neuen, fundamentalen Weiterentwicklung besteht immer noch Potenzial, um MINFLUX weiter zu verbessern: Sowohl die Aufnahmezeit als auch störende Hintergrundsignale lassen sich in Zukunft weiter reduzieren, was die Methode noch weiter verbessern wird. Es wird kräftig weitergehen“, so die Max-Planck-Forscher.
Originalveröffentlichung
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Analytik- und Labortechnik-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten
Themenwelt Zellanalyse
Die Zellanalyse ermöglicht es uns, Zellen in ihren vielfältigen Facetten zu erforschen und zu verstehen. Von der Einzelzellanalyse über die Durchflusszytometrie bis hin zur Bildgebungstechnologie – die Zellanalyse bietet uns wertvolle Einblicke in die Struktur, Funktion und Interaktion von Zellen. Ob in der Medizin, der biologischen Forschung oder der Pharmakologie – die Zellanalyse revolutioniert unser Verständnis von Krankheiten, Entwicklung und Behandlungsmöglichkeiten.
Themenwelt Zellanalyse
Die Zellanalyse ermöglicht es uns, Zellen in ihren vielfältigen Facetten zu erforschen und zu verstehen. Von der Einzelzellanalyse über die Durchflusszytometrie bis hin zur Bildgebungstechnologie – die Zellanalyse bietet uns wertvolle Einblicke in die Struktur, Funktion und Interaktion von Zellen. Ob in der Medizin, der biologischen Forschung oder der Pharmakologie – die Zellanalyse revolutioniert unser Verständnis von Krankheiten, Entwicklung und Behandlungsmöglichkeiten.
Themenwelt Fluoreszenzmikroskopie
Die Fluoreszenzmikroskopie hat die Life Sciences, Biotechnologie und Pharmazie revolutioniert. Mit ihrer Fähigkeit, spezifische Moleküle und Strukturen in Zellen und Geweben durch fluoreszierende Marker sichtbar zu machen, bietet sie einzigartige Einblicke auf molekularer und zellulärer Ebene. Durch ihre hohe Sensitivität und Auflösung erleichtert die Fluoreszenzmikroskopie das Verständnis komplexer biologischer Prozesse und treibt Innovationen in Therapie und Diagnostik voran.
Themenwelt Fluoreszenzmikroskopie
Die Fluoreszenzmikroskopie hat die Life Sciences, Biotechnologie und Pharmazie revolutioniert. Mit ihrer Fähigkeit, spezifische Moleküle und Strukturen in Zellen und Geweben durch fluoreszierende Marker sichtbar zu machen, bietet sie einzigartige Einblicke auf molekularer und zellulärer Ebene. Durch ihre hohe Sensitivität und Auflösung erleichtert die Fluoreszenzmikroskopie das Verständnis komplexer biologischer Prozesse und treibt Innovationen in Therapie und Diagnostik voran.
Zuletzt betrachtete Inhalte
Erster containerbasierter Labortest für SARS-CoV-2 - Berliner Start-up entwickelt mobile Testlösung für Kommunen, Krankenhäuser und Unternehmen
Atomar scharfes Licht - Forscher messen erstmals exakte Form von Lichtwellen auf atomaren Längenskalen
Dem Virus beim Scheitern zusehen - Neue Methode detektiert sterbende Viren mittels Fluoreszenz: Erkenntnisse lassen sich zur Optimierung von Gesichtsmasken einsetzen
Jagd auf Fäkal-Bakterien in Wasser - Bakterien direkt anhand ihrer DNA nachweisen
Analytik im Verbraucherschutz - Kennzeichnungspflicht und Sicherheitsaspekte sind Themen der analytica conference 2018
AMETEK gründet neue Materials Analysis Division - SPECTRO Analytical Instruments und EDAX werden Geschäfsbereiche der neuen Materials Analysis Division
Kollaborative Roboter im Labor auf dem Vormarsch - SPECTARIS Trendforum Robotics 2024: Raus aus den Fabriken, rein in die Krankenhäuser, die Pflegeheime und ins Labor
Drogen in Zähnen nachgewiesen
Sensor in Größe eines Stickstoff-Atoms prüft Festplatten
Microtrac und MicrotracBEL werden Teil von VERDER Scientific
Fibrose sichtbar machen – bevor es zu spät ist - Mit geplanten ETH-Spin-off zur Marktreife