Geometrie eines Elektrons erstmals bestimmt

23.05.2019 - Schweiz

Physiker der Universität Basel können erstmals zeigen, wie ein einzelnes Elektron in einem künstlichen Atom aussieht. Mithilfe einer neu entwickelten Methode sind sie in der Lage, die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons im Raum darzustellen. Dadurch lässt sich die Kontrolle von Elektronenspins verbessern, die als kleinste Informationseinheit eines zukünftigen Quantencomputers dienen könnten. Die Experimente wurden in «Physical Review Letters» und die Theorie dazu in «Physical Review B» veröffentlicht.

Bild: Universität Basel, Departement Physik

In einem Quantenpunkt, der in einem zweidimensionalen Gas in einem Halbleiter-Wafer entsteht, ist ein Elektron gefangen. Das Elektron bewegt sich jedoch im Raum und hält sich mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit, die einer Wellenfunktion entspricht, an bestimmten Orten innerhalb der Falle auf (rote Ellipsen). Mithilfe der über Goldgates angelegten elektrischen Felder lässt sich die Geometrie dieser Wellenfunktion verändern.

Der Spin eines Elektrons ist ein vielversprechender Kandidat, um als kleinste Informationseinheit (Qubit) eines Quantencomputers genutzt zu werden. Diesen Spin zu kontrollieren, umzuschalten und mit anderen Spins zu koppeln ist eine Herausforderung, an der zahlreiche Forschungsgruppen weltweit arbeiten. Die Stabilität eines einzelnen und die Verschränkung verschiedener Spins hängt unter anderem von der Geometrie der Elektronen ab, die bislang jedoch experimentell nicht zu bestimmen war.

Nur in künstlichen Atomen möglich

Wissenschaftler aus den Teams der Professoren Dominik Zumbühl und Daniel Loss vom Departement Physik und Swiss Nanoscience Institute der Universität Basel haben nun eine Methode entwickelt, mit der sie zum ersten Mal die Geometrie von Elektronen in Quantenpunkten räumlich erfassen können.

Bei einem Quantenpunkt handelt es sich um einen umgrenzten Bereich eines Halbleiters, der etwa tausendmal grösser ist als ein natürliches Atom. Darin befindet sich ein freies Elektron, das nicht in einem Atom gebunden ist, sich aber ähnlich verhält, weshalb Quantenpunkte auch «künstliche Atome» genannt werden.

Das Elektron wird im Quantenpunkt durch elektrische Felder festgehalten. Es bewegt sich jedoch im Raum und hält sich mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten, die einer Wellenfunktion entsprechen, an bestimmten Orten innerhalb seiner Falle auf.

Ladungsverteilung gibt Aufschluss

Durch Anlegen von Magnetfeldern verschiedener Stärke und Richtung können die Wissenschaftler mithilfe spektroskopischer Messungen die Energieniveaus im Quantenpunkt ermitteln. Anhand eines von ihnen entwickelten theoretischen Models lässt sich daraus die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons und damit seine Wellenfunktion mit einer Präzision im Subnanometerbereich bestimmen.

«Vereinfacht lässt sich sagen, dass wir mit dieser Methode erstmals zeigen können, wie ein Elektron aussieht», erklärt Daniel Loss.

Besseres Verständnis und Optimierung

Die Forscher, die eng mit Kollegen aus Japan, der Slowakei und den USA zusammenarbeiten, bekommen damit ein besseres Verständnis für die Korrelation zwischen Geometrie der Elektronen und dem Elektronenspin, der für die Verwendung als Qubit möglichst lange stabil und schnell umschaltbar sein sollte.

«Wir können nicht nur Form und Ausrichtung des Elektrons abbilden, sondern die Wellenfunktion je nach Einstellung der angelegten elektrischen Felder auch steuern. Damit haben wir die Möglichkeit, ganz gezielt die Kontrolle über die Spins zu optimieren», sagt Dominik Zumbühl.

Auch für die Verschränkung mehrerer Spins spielt die räumliche Ausrichtung der Elektronen eine Rolle. Wie bei der Bindung von zwei Atomen zu einem Molekül müssen die Wellenfunktionen zweier Elektronen auf einer Ebene liegen, damit es zu einer erfolgreichen Verschränkung kommt.

Mithilfe der entwickelten Methode lassen sich zahlreiche bisher durchgeführte Untersuchungen besser verstehen und zukünftige optimieren.

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