Gen-Chips sortieren Tumortypen

Heidelberger Wissenschaftler charakterisieren Untergruppen von Leberkrebs und arbeiten an einer zielgerichteten Behandlung

03.01.2006

Wissenschaftlern des Pathologischen Instituts am Universitätsklinikum Heidelberg unter Leitung von Professor Dr. Peter Schirmacher ist es gelungen, die Bedeutung bestimmter Gene zu entschlüsseln, die das Wachstum und das Übergreifen von bösartigen Lebertumoren auf gesundes Gewebe steuern. Damit können diese Tumoren nun genauer charakterisiert werden und in Zukunft möglicherweise auch zielgerichteter behandelt werden.

Leberkrebs entsteht häufig aus einer Leberzirrhose; dabei wird das Lebergewebe allmählich durch wucherndes Bindegewebe ersetzt. Dies kann Folge einer chronischen Infektion mit dem Hepatitis-B- oder C-Virus sein. Bösartige Lebertumoren sind aggressiv, die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten dagegen nur begrenzt. Lebertumor ist jedoch nicht gleich Lebertumor: Bösartige Tumoren unterscheiden sich in der Aktivität von Genen, die ungebremstes Wachstum auslösen. Diese Gene sind deshalb wichtige Ansatzpunkte für neue, zielgerichtete Therapien, die das Wachstum des Tumors stoppen sollen.

Mit der Hilfe so genannter cDNA-Microarrays, auch als Gen-Chips bekannt, haben die Heidelberger Wissenschaftler die Genaktivitäten in Lebertumoren näher charakterisiert und die Tumoren weiter unterteilt. Eine Gruppe von Tumoren zeichnet sich durch eine hohe Aktivität so genannter Interferon (INF)-regulierter Gene aus (Interferon ist ein zentraler Botenstoff des Immunsystems). Eine weitere Gruppe ist durch eine hohe Konzentration des Insulin-like-Growth Factor-II (ein sog. Wachstumsfaktor) gekennzeichnet.

In einem weiteren Ansatz untersuchten die Forscher das Enzym Cyclooxygenase-2, das in Tumoren der Leber verstärkt hergestellt wird. An Mäusen mit transplantierten Leberkrebszellen konnten sie erstmals in einem "lebenden System" nachweisen, dass durch einen Hemmstoff, der die Cyclooxygenase-2 ausschaltet, das Tumorwachstum gehemmt wird.

"Dass diese Gene bei Lebertumoren bzw. bei Lebermetastasen so unterschiedlich aktiv sind, bietet eine viel versprechende Grundlage für neue diagnostische und therapeutische Maßnahmen", erläutert Professor Schirmacher. Denn wenn sich die Tumoren molekularbiologisch fundamental unterscheiden, könnte dies künftig ausschlaggebend für eine gen-spezifische Therapie sein. Die Wissenschaftler möchten nun spezifische auf die molekularen Entstehungsmechanismen abgestimmte Therapien entwickeln und diese in den nächsten Jahren in klinischen Studien testen.

Originalveröffentlichung: O. R. Bandapalli, M. Geheeb, D. Kobelt, K. Kuehnle, S. Elezkurtaj, J. Herrmann, A. M. Gressner, R. Weiskirchen, D. Beule, N. Bluthgen, H. Herzel, C. Franke, K. Brand; "Global analysis of host tissue gene expression in the invasive front of colorectal liver metastases."; Int J Cancer. 2006, 118(1), 74 - 89.

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