Kleiner Unterschied und große Ähnlichkeiten

Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie wenden Methoden zum Vergleich von Inhaltsstoffen auf gentechnisch veränderte Kartoffeln an

28.09.2005

Die Zusammensetzung von gentechnisch hergestellten so genannten Fruktan-Kartoffeln und von konventionell gezüchteten Sorten weicht wenig voneinander ab. Die Kartoffelsorten unterscheiden sich nur anhand der bewusst gentechnisch eingebauten neuen Inhaltsstoffe. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler vom Potsdamer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie zusammen mit Kollegen der Universität von Wales in Aberystwyth in einer Studie. Dabei bedienten sich die Wissenschaftler eines am Institut entwickelten Verfahrens zum Nachweis von Inhaltsstoffen in Pflanzen.

Die Forscher hatten gentechnisch veränderte Kartoffeln der Sorte Desirée, die stark erhöhte Mengen des Polysaccharids Inulin enthielten, mit fünf konventionellen Kartoffelsorten verglichen. Inulin ist ein Zucker aus der Klasse der Fruktane, also Polysacchariden, die aus Fruktose zusammengesetzt sind. Die normale Stärke ist dagegen aus Glucose aufgebaut. Die Fruktane werden im Lebensmittel zu den Ballaststoffen gerechnet und wirken sich günstig auf die menschliche Darmflora aus.

Hauptergebnis der Studie: Die Inhaltsstoffe der Sorten Agria, Désirée, Granola, Linda und Solara weichen in einer überraschend großen Schwankungsbreite voneinander ab. Die gentechnisch veränderten Linien, die aus der Sorte Désirée gewonnen wurden, liegen in ihrer Zusammensetzung im gleichen Schwankungsbereich wie die fünf konventionellen Sorten. Ausnahme ist der höhere Gehalt an inulinähnlichen Polysacchariden. Neue, unerwartete Inhaltsstoffe konnten nicht festgestellt werden.

Inulin ist ein Polysaccharid, das in vielen Pflanzen wie Chicorée, Artischocken und Löwenzahn als Vorratsmolekül gebildet wird. Zwei verschiedene Gene für die Bildung von inulinähnlichen Zuckern wurden in die Kartoffeln eingebaut, weil diese Mehrfachzucker eine positive Wirkung auf die menschliche Darmflora haben und daher ein sehr erwünschter Nahrungsbestandteil sind. Die inulinhaltigen Kartoffelsorten wurden bereits im Jahr 2000 am Potsdamer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie entwickelt. Die Eigenschaften der neuen Fruktan-Kartoffeln wurden in den Jahren 2001 bis 2004 im Forschungsverbund Fruktan-Kartoffeln untersucht, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wurde.

In der Diskussion über gentechnisch veränderte Lebensmittel wird immer wieder die Befürchtung geäußert, das Pflanzen neben der erwünschten gentechnischen Veränderung auch andere neue, unerwünschte Inhaltsstoffe enthalten könnten. Ein umfassender Vergleich der Inhaltsstoffe zwischen einzelnen Pflanzensorten ist jedoch aufwändig, da hunderte von Substanzen gleichzeitig gemessen werden müssen. Der ehemalige Max-Planck-Arbeitsgruppenleiter Oliver Fiehn, der seit Anfang 2005 an der Universität von Kalifornien in Davis arbeitet, hat seinerzeit in Potsdam raffinierte Techniken entwickelt, die Derartiges leisten. Diese apparativ und statistisch anspruchsvollen Methoden, im Fachjargon als Metabolomics bezeichnet, hat er jetzt zusammen mit Kollegen der Universität Wales auf die genannten Kartoffelsorten angewandt. "Unsere Methoden können natürlich auch auf den Vergleich anderer Nahrungspflanzen übertragen werden", sagt Fiehn.

Die Analysen wurden von der britischen "Food Standards Agency" finanziert. Insgesamt wurden knapp 2.800 Kartoffelproben, die auf Versuchsfeldern der Biologischen Bundesanstalt für Forst- und Landwirtschaft angebaut wurden, untersucht. An der Auswertung war ein Team von Biologen, Chemikern und Informatikern aus Potsdam und Aberystwyth in Wales beteiligt.

Originalveröffentlichung: G.S. Catchpole, M. Beckmann, D.P. Enot, M. Mondhe, B. Zywicki, J. Taylor, N. Hardy, A. Smith, R. D. King, D. B. Kell, O. Fiehn and J. Draper; "Hierarchical metabolomics demonstrates substantial compositional similarity between genetically modified and conventional potato crops"; Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA, 2005.

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