Die Grenzen der Messgenauigkeit verschieben

Forscher entwickeln empfindlichere Quantensensoren

03.07.2019 - Deutschland

Seit Jahrhunderten erweitert die Menschheit ihr Verständnis der Welt durch immer genauere Messungen von Licht und Materie. Heute sind mit Quantensensoren extreme Messgenauigkeiten möglich. Ein Beispiel ist die Entwicklung von Atomuhren, die in 30 Milliarden Jahren lediglich eine Sekunde falsch gehen würden. Auch der Nachweis von Gravitationswellen erfolgte mit Quantensensoren, in diesem Fall mit optischen Interferometern.

© Fabian Wolf / PTB

Forscher von Leibniz Universität und Physikalisch-Technischer Bundesanstalt entwickeln empfindlichere Quantensensoren.

Quantensensoren können Empfindlichkeiten erreichen, die nach den Gesetzen der klassischen Physik, wie wir sie aus unserem Alltag kennen, nicht möglich sind. Sie werden nur erreichbar, wenn man in die Welt der Quantenmechanik mit ihren faszinierenden Eigenschaften eintaucht. Wie etwa dem Phänomen der Superposition wonach Dinge an zwei Orten gleichzeitig sein können oder ein Atom zu einem Zeitpunkt zwei unterschiedliche Energieniveaus einnehmen kann.

Sowohl die Erzeugung als auch die Kontrolle solcher nicht-klassischer Zustände ist extrem aufwändig. Die hohe Sensitivität für Messungen macht sie auch anfällig gegenüber äußeren Störungen. Zudem müssen nicht-klassische Zustände präzise auf eine bestimmte Messgröße optimiert werden. „Leider geht das oft zu Lasten einer erhöhten Ungenauigkeit in einer anderen relevanten Messgröße“, erklärt Fabian Wolf die Herausforderung. Dieses Prinzip ist eng verknüpft mit der Heisenberg’schen Unschärferelation. Wolf ist Teil eines Teams aus Wissenschaftlern der Leibniz Universität Hannover, der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig und des nationalen Instituts für Optik in Florenz, das nun eine Methode vorgestellt hat, die auf einem nicht-klassischen Zustand basiert, der für zwei Messgrößen gleichzeitig optimiert wurde.

Das Experiment kann als die quantenmechanische Version eines Fadenpendels veranschaulicht werden. Die beiden optimierten Messgrößen sind in diesem Fall die maximale Auslenkung (Amplitude) und die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde (Frequenz) des Pendels. Das Pendel wurde dabei durch ein einzelnes Magnesium-Ion realisiert, das in einer sogenannten Ionenfalle eingeschlossen wurde. Durch Wechselwirkung mit Laserlicht konnte das Magnesium-Ion bis in den quantenmechanischen Grundzustand, den kältesten erreichbaren Zustand, gekühlt werden. Von dort aus wurde ein sogenannter Fockzustand der Bewegung erzeugt und das Einzel-Atom-Pendel mit einer externen Kraft in Schwingung gebracht. Amplitude und Frequenz konnten anschließend mit einer Empfindlichkeit gemessen werden, die mit einem klassischen Pendel unerreichbar wären. Im Gegensatz zu vorherigen Experimenten war dies für beide Messgrößen der Fall ohne dass der nicht-klassische Zustand angepasst werden musste.

Mit seinem neuen Ansatz konnte das Team die Messzeit bei gleicher Auflösung halbieren beziehungsweise bei gleicher Messzeit die Auflösung verdoppeln. Hohe Auflösungen sind besonders wichtig für Spektroskopietechniken die auf einer Änderung des Bewegungszustands beruhen. Im konkreten Fall wollen die Forscher einzelne Molekül-Ionen untersuchen, indem Sie diese mit einem Laser bestrahlen und darüber eine Bewegung des Moleküls anregen. Das neue Verfahren soll eine Untersuchung des Zustands des Moleküls ermöglichen bevor dieser vom Laser durch zu lange Bestrahlung gestört wird. „Präzisionsmessungen an Molekülen könnten uns beispielsweise etwas über die Wechselwirkung von herkömmlicher und dunkler Materie verraten und damit einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung eines der größten Rätsel der aktuellen Physik leisten“, so Fabian Wolf. Das erstmalig demonstrierte Messprinzip könnte auch in optischen Interferometern wie zum Beispiel Gravitationswellendetektoren die Auflösung verbessern und damit tiefere Einblicke in die Frühzeit des Universums ermöglichen.

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