Erste Strukturanalyse von Amyloidfasern im lebenden Organismus gelungen

21.10.2015 - Deutschland

Um einen Wirt zu besiedeln, nutzen Bakterien adhäsive Moleküle auf ihrer Zelloberfläche. Die gleiche Art von Molekülen ist aber auch an der Ausbildung hochresistenter bakterieller Kolonien, sogenannter Biofilme, beteiligt. Da sich Biofilme nur schlecht bekämpfen lassen, sind sie oft die Basis für chronische Infektionen. Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig, haben nun erstmals einen Ansatz gezeigt, um eine besondere Klasse von adhäsiven Molekülen, den sogenannten Amyloiden, strukturell untersuchen zu können.

©HZI / Rohde

Elektronenmikroskopische Aufnahme eines E.coli Biofilms, blau eingefärbt. Die Fäden, die die einzelnen Bakterien miteinander verbinden, sind die Curli Fimbrien.

Amyloide sind Proteinablagerungen, die bei verheerenden Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson gefunden werden. Im Prinzip handelt es sich dabei um Zusammenlagerungen von Proteinmolekülen, die gemeinsam zu hochstabilen Fasern werden. Die Art und Weise der Zusammenlagerung und die Form der Fasern, ist dabei für die Funktion der Proteine entscheidend. Schon eine kleine Änderung in der Struktur, kann beispielsweise eine eigentlich harmlose Substanz toxisch machen. „Deshalb ist es auch wichtig die exakte Struktur genau zu kennen und zu wissen, in welcher Form sie im Körper vorliegen. Bei einer in vitro Analyse kann man sich besonders bei Amyloiden nie sicher sein, ob die Struktur im Organismus dann auch wirklich exakt so vorliegt“, sagt Prof. Christiane Ritter, die am HZI die NMR-Plattform leitet und zuvor Leiterin der Nachwuchsgruppe Makromolekulare Interaktionen am Zentrum war.

Verschiedene Bakterien haben es geschafft, Amyloide in nicht-toxischer Form herzustellen und für ihre eigenen Zwecke einzuspannen. Zu den am besten bekannten bakteriellen Amyloiden gehören die Curli-Fimbrien, die unter anderem von den bakteriellen Erregern Escherichia coli und Salmonella typhimurium gebildet werden. Ritter und ihrem Team ist es nun erstmals gelungen, genügend Curli-Fimbrien aus bakteriellen Biofilmen zu isolieren, um sie strukturell zu charakterisieren. Zwar kann man mit Hilfe einer Festkörper-NMR-Spektroskopie filamentartige Strukturen analysieren, allerdings müssen die Bakterien dafür auf speziellen Nährmedien wachsen, damit die Fimbrien für die NMR-Spektroskopiker „sichtbar“ werden. „Wir haben so einen spektroskopischen Fingerabdruck der Curli Fimbrien erhalten. Aber die Muster waren zu komplex für eine vollständige Strukturanalyse“, sagt Ritter.

Deshalb haben sie und ihre Kollegen zu einem biochemischen Trick gegriffen (dem sogenannten Protein-trans-Splicing), um ein einzelnes Segment des Curli-Proteins sichtbar zu machen – ohne die natürliche Struktur des Proteins zu verändern. Dadurch konnten sie und ihre Kollegen erstmals sehen, welche Form die Curli-Fimbrien annehmen und die Ergebnisse mit dem spektroskopischen Fingerabdruck des Biofilm-Materials vergleichen. „Wir konnten so zeigen, dass Curli aus repetitiven Segmenten aufgebaut ist, und dass die Struktur sowohl in vitro, als auch in vivo sehr ähnlich aufgebaut ist“, sagt Ritter.

Während es von diesen Ergebnissen bis hin zu neuen Medikamenten oder Diagnoseverfahren noch ein langer Weg ist, bedeuten sie aus methodischer Sicht einen großen Schritt nach vorn. „Wir haben nachgewiesen, dass sich unsere Methoden und Analyseverfahren eignen, um Informationen über die Form zu erhalten, in der Strukturen im lebenden Organismus vorliegen“, sagt Ritter.

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