Moleküle wie das Ascorbinsäure-Molekül sind rund 1 Nanometer klein, also nur 0,000001 Millimeter. Mit dem bloßen Auge und den empfindlichsten Laborwaagen sind die Winzlinge unmöglich zu bestimmen. Diesen Job bewältigen nur Massenspektrometer. Diese Geräte ermöglichen es, Moleküle zu erkennen, indem sie die mehratomigen Teilchen fragmentieren, die Masse der einzelnen Bestandteile bestimmen und daraus ein charakteristisches Muster bilden.
Die Geschichte der Massenspektrometrie reicht zurück ins Jahr 1918.
Damals legte der kanadisch-US-amerikanische Physiker Arthur Jeffrey Dempster die Grundlage für das Design heutiger Geräte. Dem US-Amerikaner Roland Gohlke – ein weiterer Pionier der Massenspektrometrie – gelang es 1950 schließlich, ein Massenspektrometer mit einem Gaschromatographen zu verbinden. So trennte und identifizierte er erstmals Substanzgemische in einer Anlage.
Doch wie arbeiten Massenspektrometer? Zwar existieren sie heute in verschiedensten Bauweisen. Die Grundkomponenten sind jedoch in der Regel identisch. Um Moleküle und Atome zu identifizieren, benötigen die Geräte eine Ionenquelle, einen Analysator und einen Detektor.
Inhalt
Schritt 1: Die Ionenquelle
Aufgabe der Ionenquelle ist es, Moleküle einer Probe zu ionisieren. Hier gibt es mehrere Ionisationsverfahren. Am weitesten verbreitet ist die sogenannte Elektronenstoßionisation (EI). Sie überführt Probemoleküle zunächst in die Gasphase. Die gasförmig vorliegende Probe gelangt anschließend in eine Kammer und wird dort von dem Elektronenstrahl einer Glühkathode beschossen. Die Energie lässt sich variieren, ist allerdings in den meisten Fällen auf rund 70 Elektronenvolt eingestellt. Unter diesem Beschuss schlägt der Strahl Elektronen aus den Molekülen, sodass einfach positiv geladene Ionen entstehen. Wird über diese Ionisierungsphase mehr Energie übertragen, kommt es zur Fragmentierung, zu einem Zerfall des Molekül-Ions. Die Bruchstücke sind Fragment-Ionen und Neutralteilchen (Radikale). Das Massenspektrometer ist nun in den folgenden Schritten in der Lage, die Masse der Fragment-Ionen zu bestimmen und in einem Massenspektrum darzustellen. So entstehen für jede Substanz charakteristische Ionen-Muster.
Neben der EI existieren weitere Ionisationstechniken, etwa die chemische Ionisation (CI), die Feldionisation (FI) oder die Photoionisation (PI). Flüssigkeiten und Feststoffe lassen sich auch mit schnellen Ionen oder Atomen beschießen und so ionisieren. Die Methoden heißen Fast Atom Bombardement (FAB) und Secondary Ion Mass Spectrometry (SIMS).
Schritt 2: Der Massenanalysator
Weiter geht’s: Die Ionen verlassen die Ionenquelle als Strahl gebündelt und fliegen in den sogenannten Massenanalysator. Seine Aufgabe: Sicherstellen, dass nur Ionen mit der gleichen Geschwindigkeit den anschließenden Detektor erreichen. Denn nur dann lässt sich die Masse der Teilchen exakt bestimmen. Auch hier kommen verschiedene Techniken zum Einsatz. Häufig anzutreffen sind magnetische Sektorfeldgeräte. Der Ionentrenner ist in diesem Fall ein Geschwindigkeitsfilter, benannt nach seinem Entwickler Wilhelm Wien (Wienfilter). Er besteht aus einer oberen, positiv geladenen Kondensatorplatte und einer negativ geladenen, unteren Platte. Fliegen Ionen durch den Wienfilter auf eine Lochblende zu, wirkt die Lorentz-Kraft nach oben und die elektrische Kraft nach unten. Nur Ionen, bei denen sich beide Kräfte die Waage halten, fliegen gerade durch die Lochblende – Ionen, die zu langsam oder zu schnell sind, werden nach oben oder unten abgelenkt und können den Filter nicht passieren. Zu den weiteren Techniken der Ionentrennung zählen Geräte, die mit sogenannten Time-of-flight- (TOF), Quadrupol- oder Cyclotron-Resonanz-Analysatoren arbeiten.
Schritt 3: Der Detektor
Nachdem die sortierten Ionen durch die Lochblende geflogen sind, gelangen sie in ein weiteres Magnetfeld des Detektors. Durch die dort herrschende Lorentz-Kraft wechseln die Ionen von einer geraden Flugbahn in eine Kreisbahn. Nach diesem Richtungswechsel treffen die Ionen dann auf den Detektor. Hier kommen unter anderem Faraday-Auffänger, Sekundärelektronenvervielfacher oder Photoplatten ins Spiel. Dabei gilt: Je größer die Masse, desto größer der Radius der Kreisbahn. Massereiche Fragment-Ionen gelangen beim Durchfliegen des Magnetfeldes quasi auf die Außenspur, kleinere Fragmente auf die Innenspur. Diese Radien sind mitentscheidend für die abschließende Auswertung. Massenspektrometer messen dabei nicht direkt die Masse der Ionen, sondern das Masse-zu-Ladungsverhältnis (m/z), das auf der Abszisse des Massenspektrums aufgetragen ist. Im Spektrum erscheinen so die Isotope eines Elements als voneinander getrennte Signalspitzen (peaks). Bei einfach geladenen Ionen entspricht der m/z-Wert der atomaren Masseneinheit u (bei Ionen höherer Ladungszahl ist die Masse z-mal höher). Für jede Molekülverbindung entsteht auf diese Art ein Muster, das so charakteristisch ist wie ein Fingerabdruck. Ein Abgleich mit Massenspektren, die in Datenbanken gespeichert sind, ermöglicht somit eine zuverlässige Identifizierung nahezu jeder organischen Verbindung.
Einsatzgebiet der Massenspektrometrie
Die Massenspektrometrie ist in zahlreichen Branchen etabliert. Chemiker nutzen das Verfahren, um chemische Elemente und Verbindungen zu analysieren. Dabei ist es beispielsweise möglich, in Proben sehr kleine Substanzmengen im Bereich von 1 Femtogramm (0,000000000001 Milligramm) zu erkennen. Entsprechend beliebt ist die Methode auch bei Toxikologen, die im Blut Vergiftungen und Drogen nachweisen; ebenso bei Umweltchemikern, die Schadstoffe in Bodenproben entdecken. Biologen hingegen nutzen die Massenspektrometrie, um in der Proteomik Proteine in Lebewesen zu erforschen. Physiker ermitteln die Masse von Atomkernen. Und Archäologen analysieren Isotopenverhältnisse in Knochen von Menschen und ziehen so Rückschlüsse auf ihre Ernährung. Mittlerweile kommt die Technologie sogar an Flughäfen zum Einsatz, um Rückstände von Sprengstoff oder Drogen an Passagieren und Gepäckstücken festzustellen. Ein wahrer Tausendsassa also.
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