"Superlinse" schafft neue Horizonte für hoch auflösende optische Mikroskopie

Neue Technik vom Max-Planck-Institut für Biochemie durchbricht die Auflösungsgrenze der optischen Infrarot -Mikroskopie

18.09.2006

Ein völlig neues optisches Mikroskopieverfahren, das einzigartige Möglichkeiten für die Beobachtung von lebenden Zellen und die Qualitätskontrolle und Charakterisierung von Halbleiterchips eröffnet, haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Biochemie und der Universität von Texas, USA, entwickelt. Erstmalig hatten die Wissenschaftler eine Superlinse mit einem Nahfeldmikroskop kombiniert und damit die bisherigen Auflösungsgrenzen überwunden.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts (MPI) für Biochemie entwickeln seit Jahren so genannte optische Nahfeldmikroskope, um das Beugungslimit der Lichtmikroskopie zu überwinden. Beugung führt dazu, dass mit konventionellen Lichtmikroskopen alle Details, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts, nicht mehr scharf abgebildet werden können. Als Pioniere der ultrahochauflösenden Nahfeldmikroskopie konnten der Nachwuchswissenschaftler Rainer Hillenbrand und seine Forschungsgruppe "Nano-Photonics" selbst mit langwelligem Infrarotlicht Auflösungen im Nanometerbereich erreichen. Damit haben sie die Auflösung der konventionellen Infrarotmikroskopie mittlerweile um den Faktor 500 verbessert und die optische Lichtmikroskopie für die hochaufgelöste optische Charakterisierung von Nanostrukturen sowie für die biomolekulare Forschung nutzbar gemacht.

Hillenbrand und sein Postdoktorand Thomas Taubner hatten die Idee, ihr Nahfeldmikroskop mit einer so genannten Superlinse zu kombinieren, um sowohl die Funktionalität ihres Nahfeldmikroskops als auch die der Superlinse zu erweitern. Die Entwicklung von Superlinsen ist ein international sehr aktuelles Forschungsthema, denn auch Superlinsen ermöglichen hoch aufgelöste optische Lichtmikroskopie. Allerdings war bisher noch unklar, wie man Superlinsen in ein optisches Mikroskopiesystem integrieren könnte. Auch stand die experimentelle Demonstration aus, dass sich damit tatsächlich kleine zweidimensionale Objekte abbilden lassen. Die Martinsrieder Physiker haben nun beides demonstriert und die Lichtmikroskopie damit einmal mehr einen gehörigen Schritt voran gebracht.

Das theoretische Konzept der Superlinse wurde im Jahr 2000 von Sir John Pendry am Imperial College, London, entwickelt. Die einfachste Form einer Superlinse ist eine dünne Scheibe eines Materials mit negativem Brechungsindex. Materialien mit einer solchen exotischen Eigenschaft sind derzeit allerdings noch in der Entwicklung. Sobald die Scheibe allerdings dünner als die verwendete Wellenlänge ist, können natürliche Materialien benutzt werden. Eine dünne Superlinse beispielsweise aus Silber ermöglicht optische Abbildungen mit einer Auflösung jenseits des Beugungslimits. Das mikroskopische Bild der Superlinse wird allerdings nicht vergrößert und kann nur indirekt mit aufwändigen Lithographiemethoden sichtbar gemacht werden. Durch die Kombination einer Superlinse mit ihrem Infrarot-Nahfeldmikroskop demonstrieren die MPI-Wissenschaftler nun erstmals die Möglichkeit, das Bild einer Superlinse durch optische Mikroskopie darzustellen. Die Martinsrieder Forscher setzen dabei eine Superlinse ein, die von Gennady Shvets und seinen Kollegen der Universität in Austin, Texas, speziell für sie angefertigt worden war und die aus einer nur 440 Nanometer (nm) dicken SiC-Schicht besteht, die auf beiden Seiten von einer 220 nm dicken Silizium-Oxid (SiO) Schicht umgeben ist).

In der Nahfeldmikroskopie wird die Probenoberfläche mit einer sehr feinen Sonde abgetastet, um die so genannten elektromagnetischen Nahfelder des Objekts zu erfassen. Jedes noch so kleine Objekt ist bei Beleuchtung von Nahfeldern umgeben, welche nicht dem Beugungslimit unterliegen, aber alle optischen Details des Objekts enthalten. Aus ihnen lassen sich Bilder mit ungeheurer Detailschärfe gewinnen. Ein Nachteil der Nachfeldmikroskopie war bisher, dass sie nur auf Oberflächenuntersuchungen beschränkt ist. Ein Einsatz in der Qualitätskontrolle von vergrabenen Halbleiterstrukturen war deshalb nur bedingt möglich. Der Blick ins Innere von Zellen war ganz ausgeschlossen: Der mechanische Kontakt der Sonde mit der weichen Membran und die wässrige Umgebung, die eine lebende Zelle benötigt, erschweren auch die Aufnahme hoch aufgelöster Bilder von Zelloberflächen.

In ihrem Demonstrationsexperiment platzierten Taubner und Hillenbrand die Superlinse zwischen die Sonde des Nahfeldmikroskops und dem "Objekt", einem mit Löchern durchsetzten hauchdünnen Goldfilm, der durch die Linse hindurch mit Infrarotlicht beleuchtet wurde. Die SiC-Superlinse verstärkt die Infrarot-Nahfelder des Objekts und verhält sich somit ähnlich einer Superlinse aus Silber für UV-Licht. Mit der Nahfeldsonde konnten die Physiker das Nahfeld des Goldfilm-Testobjektes an der Siliziumoxid-Oberfläche abtasten, die dem Objekt gegenüber lag, und aus dem Streulicht der Nahfeldsonde ein Infrarotbild gewinnen, das sehr deutlich die Objekte - das Lochmuster des Goldfilms - zeigte. Damit erbrachten sie den Beweis, dass Objekte, deren Größe nur ein Zwanzigstel der Wellenlänge des eingestrahlten Infrarotlichtes betrug, also 540 Nanometer, erkannt werden konnten, obwohl sie mehr als 880 Nanometer von der Spitze des Nahfeldmikroskops entfernt waren.

Die Bilder der Martinsrieder Forscher liefern damit die höchste relative Auflösung (bezogen auf die Wellenlänge), die jemals mit einer Superlinse erzielt wurde. Das extrem aufwändige Lithografie-Verfahren zum Sichtbarmachen des Bildes entfiel vollständig. Die Forscher konnten auf diese Weise erstmalig Bilder einer Superlinse mit einem rein optischen Verfahren aufzeichnen.

Originalveröffentlichung: T. Taubner, D. Korobkin, Y. Urzhumov, G. Shvets, R. Hillenbrand; "Near-Field Microscopy Through a SiC Superlens"; Science 2006.

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