Nicht nur sauber sondern rein: Forscher zeigen, wie die "Müllabfuhr" in Zellen funktioniert

21.01.2014 - Österreich

Neue Forschungsergebnisse des Teams um Claudine Kraft von den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien zeichnen ein noch genaueres Bild davon, wie die "Müllabfuhr" in Zellen abläuft. Funktioniert diese nicht richtig, können Alzheimer und Krebs die Folge sein. Die Studie erscheint aktuell online im Fachjournal Molecular Cell.

Daniel Papinski

Auch Zellen müssen ihren Müll entsorgen. Der dafür zuständige Prozess – Autophagie – kann als Verpacken des Abfalls (rot) in einen Müllsack (grün) veranschaulicht werden.

Autophagie – oder wie eine Zelle Ordnung hält

"Meister Proper putzt so sauber, dass man sich drin spiegeln kann!" So, oder so ähnlich werden Produkte beworben, die uns das Putzen leichter machen sollen. Aber nicht nur unsere Umgebung muss sauber gehalten werden, sondern auch unsere Zellen. Der dafür verantwortliche Prozess heißt Autophagie. Ein Zusammenspiel von Proteinen sorgt dabei dafür, dass kaputte Bestandteile einer Zelle, oder Krankheitserreger, welche die Zelle befallen haben, entfernt werden. Gleichzeitig hilft die Autophagie der Zelle auch bei Nahrungsmangel, indem sie zelleigene Bestandteile recycelt und zur Energiegewinnung verwendet, ähnlich wie in einer städtischen Recyclingstation.

Der zentrale Koordinator der Autophagie: Atg1

Schon länger kennen Forscher den zentralen Koordinator der Autophagie – das Protein Atg1. Bisher war jedoch nicht genau bekannt, wie Atg1 die Müllabfuhr in der Zelle genau steuert, obwohl viele Wissenschaftler an diesem Thema arbeiten. Nun zeigte das Team um Claudine Kraft von den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der Universität Wien, dass Atg1 eine Auswahl an Proteinen modifiziert, die sich durch eine besondere Erkennungssequenz auszeichnen. In Zusammenarbeit mit den Kollegen Gustav Ammerer an den MFPL und Ben Turk an der Universität Yale entzifferte sie nicht nur diese Erkennungssequenz, sondern bestimmte auch die zellulären Proteine, die genau diese Sequenz besitzen. Eines, Atg9, weckte das Interesse der Forscher ganz besonders, da es nicht nur als Teil des zellulären "Müllsacks" bekannt ist, sondern zudem gleich sechs der spezifischen Erkennungssequenzen besitzt. Daniel Papinski, Erstautor der Studie, erklärt: "Jede Zelle besitzt spezielle Recyclingstationen. Soll nun Abfall in der Zelle entsorgt werden, muss dieser vorher verpackt werden, er wird also sozusagen in einen Müllsack gefüllt. Dieser Müllsack kann dann zur Recyclingstation gebracht werden, wo der Inhalt in die wiederverwendbaren Bestandteile zerlegt wird." Für diesen Prozess ist Atg9 unerlässlich.

Wie reguliert Atg1 die Verpackung des zellulären Abfalls?

Um zu testen, wie Atg1 die Verpackung des zellulären Abfalls reguliert, modifizierten die Wissenschaftler die Erkennungssequenzen von Atg9. Sie stellten fest, dass Atg1 in diesem Fall Atg9 nicht mehr modifizieren kann und daher keine Autophagie, also zelluläre Müllentsorgung, mehr stattfindet. "Dieses Szenario kam also dem in Zellen gleich, die gar keine Maschinerie zur Müllentsorgung besitzen", sagt Claudine Kraft, Leiterin der Studie. Durch weitere Experimente konnten die Forscher zeigen, dass von Atg1 modifiziertes Atg9 weitere Proteine rekrutiert, mit deren Hilfe der Abfall der Zelle verpackt und entsorgt wird. Das entscheidende und aufregendste Experiment hoben sich die Forscher, wenn auch unfreiwillig, bis zum Schluss auf. Erst vor wenigen Monaten wurde eine neue Methode beschrieben, die es erlaubt, das Verpacken des zellulären Mülls live unter dem Mikroskop zu beobachten. Daniel Papinski erklärt: "Wir beobachteten Zellen, die Atg9 mit einer veränderten Erkennungssequenz enthielten, sodass es nicht mehr von Atg1 modifiziert werden konnte. Wir sahen, dass das Verpacken des Mülls vorzeitig stoppte. Die Funktion von Atg1 und Atg9 ist also für einen frühen Schritt der Müllentsorgung entscheidend, nämlich dann, wenn der Müll in "Säcke" verpackt wird."

Ein besseres Verständnis solcher grundlegenden zellulären Prozesse erlaubt letztlich auch, damit verbundene Krankheiten – wie im Falle der Autophagie Alzheimer und Krebs – besser zu verstehen. Auf lange Sicht wird man diese besser behandeln bzw. diesen vorbeugen können.

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