Dem Brandstifter auf der Spur

31.10.2012 - Deutschland

Über 23.000 Straftaten im Bereich Brandstiftungen wurden 2011 in Deutschland laut der offiziellen Polizeistatistik des Bundesinnenministeriums gezählt. Jedoch nur rund die Hälfte aller Brandstiftungen kann auch aufgeklärt werden. Liegt Vorsatz vor, sinkt die Aufklärungsquote sogar auf 35 Prozent. Im Nachhinein ist es oftmals sehr schwierig festzustellen, ob es sich um eine Brandstiftung handelt. Zeitnahe Untersuchungen sind notwendig, um mögliche Brandbeschleuniger wie zum Beispiel Benzin auch auf­spüren zu können. Dafür müssen am Brandort Proben genommen werden. Die Me­thoden zur Probenahme und Analytik wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes in der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung untersucht. Dabei stand das Landeskriminalamt (LKA) Berlin beratend zur Seite. Für die Brandspurenaufklärung wurden sowohl feste und flüssige als auch gasförmige Brandprodukte chemisch-ana­lytisch untersucht, um so Rückschlüsse auf das Brandszenario zu ziehen.

Durch Labor-Brandversuche, aber auch durch fünf Zimmerbrandversuche, konnten sowohl im Brandrückstand als auch in den Wischproben von den Wänden Brandbeschleuniger nachgewiesen werden. „Die Entnahme von Wischproben von den Wänden ist ein einfach durchzuführendes Anwendungsfeld in der Brandursachenermittlung vor Ort“, sagt die BAM-Brandexpertin Simone Krüger. Um den Brandbeschleuniger zu finden, kam dabei eine kombinierte Methode aus Anreicherung (Headspace Solid-phase Microextraction) und Nachweis (mittels Gaschromatographie und Massenspektrometrie) zum Einsatz.

Um die Nachweisfähigkeit zu erhöhen, nahmen die BAM-Analytiker die Proben in ei­nem bestimmten Vlies auf und überschichteten sie mit Wasser. Wichtig sei es, die Proben zeitnah zu entnehmen: „Die Laboruntersuchungen haben ergeben, dass es bereits nach sechs Stunden schwieriger wird, den Brandbeschleuniger nachzuweisen“, weiß der Chemiker Christian Piechotta zu berichten.

Bei den fünf Zimmerbrandversuchen, die bei der „Gesellschaft für Materialforschung und Prüfungsanstalt für das Bauwesen Leipzig mbH“ (MFPA) in Leipzig durchgeführt wurden, haben die Wissenschaftler verschiedene Szenarien durchgespielt. In den Zimmern, die jeweils mit dem gleichen Mobiliar ausgestattet wurden, kam als Brandbeschleuniger Benzin und Diesel als Gemisch zum Einsatz. Neben dem chemisch-analytischen Nachweis der Brandbeschleuniger wurde bei diesen Bränden auch der Einfluss der Brandbeschleuniger auf den Brandverlauf untersucht.

Zu den ermittelten Kennwerten gehörten die Wärmefreisetzung, die Brandraum- und Rauchgastemperaturen, der Massenverlust und die Zusammensetzung des Rauchgases. Mit den gewonnenen Daten können desweiteren Aussagen über den Temperatur­verlauf sowie zur Rauchgastoxizität während eines Zimmerbrandes getroffen werden.

Bei den Versuchen zeigte sich unter anderem, dass der Brandbeschleuniger deutlich die Zeit bis zum „Flashover“ verkürzt. Durch die Hitze des entstehenden Brandes wird das Mobiliar zersetzt. In der Folge entzünden sich die entstehenden Gase schlagartig. Dies ist der sogenannte Flashover, bei dem der Brand von der Entstehungs- in die Vollbrandphase übergeht.

Die Ergebnisse und Daten sollen auch in ein Computermodell einfließen. Denn Computermodelle können einen wesentlichen Beitrag bei der Beurteilung möglicher Brand­verläufe leisten. Im Nachhinein ist es oft schwer zu rekonstruieren, wie ein Brand verlaufen ist. Derzeit läuft dazu an der BAM abteilungsübergreifend ein Forschungsprojekt mit dem Ziel, analytische Untersuchungen und numerische Verfahren zur Brandrekon­struktion zu kombinieren. Durch numerische Simulationen kann beurteilt werden, wel­che Brandverläufe wahrscheinlich sind und welche ausgeschlossen werden können. Hinzu­gezogen werden für die Computermodelle auch die jüngst bei den Zimmerbrand­versu­chen gewonnenen Daten, um diese  dann mit den Berechnungen zu vergleichen. „Die Arbeiten gehen dabei weit über die gegenwärtig publizierten Ansätze und Aus­führungen hinaus und werden im kommenden Frühjahr auf einem gemeinsam mit dem LKA Berlin organisierten Workshop präsentiert“, erklärt Simone Krüger.

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