Neuartige Magnetfeldsensoren für Neurologie und Kardiologie

Zusammenarbeit von Nanowissenschaftlern und Medizinern an der CAU Kiel mit visionären Zielen

26.11.2009 - Deutschland

Könnte man Gehirn- und Herzfunktionen in der medizinischen Diagnostik statt durch elektrische Messungen über die hervorgerufenen Magnetfelder detektieren, wäre dies ein großer Durchbruch bezüglich Geschwindigkeit und Qualität der Diagnosen. Zurzeit scheitert dieses Ziel an der Verfügbarkeit geeigneter höchstempfindlicher Sensoren. Zudem funktionieren die heute verfügbaren Sensoren nur bei Tiefsttemperaturen. Neue Nanomaterialien versprechen hier einen Durchbruch. Dank eines neu bewilligten Sonderforschungsbereiches (SFB) an der Universität Kiel können diese Fragen in den nächsten Jahren wissenschaftlich untersucht werden. Wissenschaftler aus drei Fakultäten der Christian-Albrechts-Universität (CAU) und des Fraunhofer-Instituts für Siliziumtechnologie in Itzehoe haben sich die Entwicklung einer neuartigen, ungekühlten und unabgeschirmten biomagnetischen Schnittstelle zum Ziel gesetzt. In der langfristigen Perspektive könnte ein derartiges Sensorsystem aber nicht nur die medizinische Diagnostik und Behandlung verbessern, sondern auch Prothesensteuerung durch Gedanken, optimiertes Lernen oder die Verwirklichung neuartiger Körperüberwachungsfunktionen ermöglichen.

Copyright: CAU, Foto: Jürgen Haacks

Physiker Christian Sohrt überprüft durch ein Sichtfenster eine Probe in der Kammer des Ultrahochvakuum-Spektrometers.Das Gerät wird auch für den neuen Sonderforschungsbereich zum Einsatz kommen.

Der SFB 855 "Magnetoelektrische Verbundwerkstoffe - Biomagnetische Schnittstellen der Zukunft" ist von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre bewilligt und wird in dieser ersten Förderperiode mit rund 11,5 Millionen Euro finanziert. Sprecher ist Professor Eckhard Quandt. "In diesem Sonderforschungsbereich versprechen wir uns durch die stark interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Physik, Materialwissenschaft, Elektrotechnik und Medizin die Entwicklung ganz neuartiger Magnetfeldsensoren, die speziell ausgelegt sind für wissenschaftliche und diagnostische Fragestellungen in Neurologie und Kardiologie", so Quandt.

Konkret geht es um die Aufzeichnung von Gehirn- und Herzströmen über deren Magnetfelder. Dies ist zwar bereits heute möglich, jedoch sind die Messungen bisher mit erheblichem Aufwand verbunden, so dass diese Techniken nahezu keinen Eingang in die medizinische Praxis gefunden haben. Um die Ergebnisse nicht zu verfälschen, müssen nämlich äußere Magnetfelder stark abgeschirmt und herkömmliche biomagnetische Schnittstellen extrem aufwändig auf ca. -270°C gekühlt werden. Die neue Schnittstelle, deren Entwicklung sich die Forscher im SFB 855 zum Ziel gesetzt haben, soll dagegen ohne Kühlung und langfristig sogar ohne Abschirmung auskommen. Auch die Richtung von Magnetfeldern, zudem aus größerer Tiefe als bisher, könnten die neuen Sensoren ermitteln. Dadurch ergeben sich neue Anwendungen in Magnetoenzephalografie und Magnetokardiografie. So könnten sich beispielsweise Hirnschrittmacher zukünftig sehr viel zielgerichteter einsetzen lassen, ein wichtiges Ziel der gerade genehmigten ersten Förderperiode.

Voraussetzung hierfür sind neue Signalverarbeitungsstrategien und höchstempfindliche Sensoren für extrem kleine Magnetfelder. An deren Entwicklung, angefangen bei den physikalischen Grundlagen über die Herstellung aus Verbundwerkstoffen bis hin zur Anwendbarkeit in Kardiologie und Neurologie, sind an der CAU die Technische, die Mathematisch-Naturwissenschaftliche und die Medizinische Fakultät beteiligt.

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